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Archiv für die Kategorie ‘Literatur’

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FBM 2023 – Eröffnungspressekonferenz

Veröffentlicht in Gesellschaft, Klimakrise, Kultur, Kunst, Literatur, Medien | 17. Oktober 2023 | 13:45:11 | Roland Müller

Traditionell wird die Frankfurter Buchmesse am Tag vor dem offiziellen Öffnen der Tore für die Fachbesucher durch eine Pressekonferenz eingeleitet. Das war dieses Mal nicht anders als sonst. Da aber das geopolitische Umfeld derzeit so ist, wie es ist, spiegelte sich die angespannte Lage auch in den Eröffnungsreden von Karin Schmidt-Friderichs, Jürgen Boos und der aus London angereisten Keynote-Speakerin Gaia Vince.

Karin Schmidt-Friedrichs, Vorsteherin des Börsenvereins des deutschen Buchhandels, ging kurz auf die Weltlage ein, um dann auf die durchaus angespannte Lage des Verlagswesens hinzuweisen. In Zeiten steigender Material- und Produktionskosten, aber auch unter dem Eindruck dessen, was Generative KIs zu leisten vermögen – ertüchtigt durch Urheberrechtsverletzungen. Denn um nichts anderes handele es sich bei der millionenfachen Verarbeitung urheberrechtlich geschützter Werke. Ein Thema, das mittlerweile auch die US-Gerichte beschäftigt. Nach dieser Kritik schwenkte sie über zu einer positiven Betrachtung dessen, was Bücher und das Lesen per se ausmacht. Sie betonte, dass Lesekompetenz nicht nur die Basis für Bildungs- und Lebenskarrieren sei, sondern auch die Basis für eine resiliente Demokratie. Zum Abschluss hob sie hervor, dass der kürzlich in Umlauf gebrachte Kulturpass bereits mehr als 200.000 junge Empfänger gefunden habe, die damit bereits 400.000 Käufe getätigt haben. Davon mehr als die Hälfte Bücher.

Das Auditorium im herbstkalten Frankfurt Pavillon auf der Agora war bis auf den letzten Platz gefüllt mit Pressevertreter:innen und Blogger:innen. Jürgen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse und seit eh und je ein entschiedener Verfechter einer politischen Buchmesse, konnte nicht umhin, auf die aktuelle Weltlage abzuheben: „Die Welt ist aus den Fugen geraten. Wir haben die Krise des Klimawandels und die Krise der westlichen Demokratien. Wir erleben seit über anderthalb Jahren Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine. Und seit dem 7. Oktober einen neuen, schrecklichen Höhepunkt der Gewalteskalation durch den Terrorkrieg der Hamas gegen Israel. Wir sind entsetzt. Bei der Frankfurter Buchmesse geht es immer um Menschlichkeit, im Zentrum steht die menschliche Begegnung. Diese Menschlichkeit ist am 7. Oktober durch den Angriff der Hamas-Terroristen auf Israel abermals zerbrochen. Unser Mitgefühl gilt den Menschen, deren Angehörige Opfer dieses Gewaltexzesses wurden, und allen Menschen in Israel und Palästina, die unter dem Krieg leiden.”

Boos beschrieb mit dem ihm eigenen Enthusiasmus die Frankfurter Buchmesse als den weltweit größten Handelsplatz für Geschichten und Ideen, ein Ort des Rechts und des Urheberrechts und ein Ort der Selbstvergewisserung der Buchbranche. Er wies abschließend auf den diesjährigen Ehrengast Slowenien hin, der unter dem Motto ‚Waben der Worte‘ sein breites literarisches Schaffen vorstellen wird.

Als Dritte trat Gaia Vince ans Rednerpult, die eigentliche Keynote-Speakerin der Veranstaltung. Die renommierte Wissenschaftsjournalistin und Autorin („Das nomadische Jahrhundert“) beschrieb den aktuellen und überaus dramatischen Stand der Klimakrise mit all ihren Kaskadeneffekten, allen voran Klimamigration. Sie betonte, dass eine gut geplante Migration – genau daran mangelt es ja – eine Bereicherung für jede Gesellschaft sein kann. Eine positive Kraft, die es zu nutzen gilt in Zeiten, wo uns nur Kooperation zu retten vermag, nicht Konfrontation. „Die Kraft des Buches liegt darin, dass wir unser Inseldasein verlassen können“, sagte sie und schlug damit die Brücke zur Buchmesse. Sie endete mit einem flammenden Appell an die Gemeinsamkeit: „Es gibt nur eine menschliche Spezies!“

Der aufbrandende Applaus beendete eine Pressekonferenz, die das diesjährige Messemotto ‚And the story goes on‘ mit Leben gefüllt hat.

Den Schlusssatz von Gaia Vince „Es gibt nun eine menschliche Spezies!“ rufen wir nur allzugern allen Hassern, Hetzern und Polarisierern da draußen zu. Soviel in der gebotenen Kürze zu den Inhalten der diesjährigen Eröffnungspressekonferenz der Frankfurter Buchmesse. Ab morgen steigen wir ein ins Treiben und berichten aus den heiligen Messehallen. CU there!

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In den Startlöchern

Veröffentlicht in Gesellschaft, Kultur, Kunst, Literatur, Medien, Politik, Unterhaltung | 16. Oktober 2023 | 11:01:47 | Roland Müller

Die bevorstehende 75. Frankfurter Buchmesse wird morgen offiziell eröffnet. Unsere Terminliste für die anstehende, vermutlich hektische Messewoche wird immer länger. Insbesondere auf den diesjährigen Ehrengast Slowenien sind wir sehr gespannt. Das kleine EU-Mitgliedsland an der Nahtstelle von Balkan und der früheren Donaumonarchie repräsentiert nicht nur eine reichhaltige Kultur, es verfügt auch über eine faszinierende Literaturszene, die es zu entdecken gilt! Mit der „dichtesten Dichte an Dichtern“, wie einer ihrer bekanntesten Vertreter es formuliert. Auch wenn all das sich im Schatten des russischen Überfalls auf die Ukraine und des Terrorkrieges der Hamas gegen Israel abspielt, wollen wir versuchen, uns auf eine Buchmesse zu konzentrieren, die zwar politisch sein wird wie eh und je, die aber auch all das repräsentiert, wozu Menschen im Positiven fähig sind: Diskurse zu führen, Kunst zu schaffen, das Allgemeine des Menschseins im Besonderen zu entdecken. Darauf wollen wir uns in den nächsten Tagen konzentrieren.

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Der Count-down zur Frankfurter Buchmesse läuft

Veröffentlicht in Gesellschaft, Kultur, Kunst, Literatur, Medien, Politik | 28. September 2023 | 09:51:39 | Roland Müller

Alle Jahre wieder versammelt sich in Frankfurt am Main alles, was Rang und Namen hat in der weltweiten Verlagsszene. Nicht von ungefähr betonte Salman Rushdie, der in diesem Jahr mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet wird, die Bedeutung der Buchmesse als Ort des demokratischen Austauschs: „Die Frankfurter Buchmesse ist eines der wichtigsten kulturellen Foren in der westlichen Welt. […] Ihr Einfluss besteht gerade in dem freien Austausch von Ideen zwischen vielen Kulturen durch Bücher. Ein solcher Austausch ist für den sozialen Wandel und die Demokratie unerlässlich.“

So sehen wir bei Café Digital das auch und werden ab dem 18. Oktober wieder täglich aus den Messefluren und Messehallen berichten. So, wie wir das bereits seit 2007 tun. Auch dieses Jahr haben wir wieder eine Presse-Akkreditierung erhalten, die es uns erlaubt, uns zeitlich und räumlich frei zu bewegen. Wir werden prominente Autor:innen treffen, über Neuerscheinungen berichten, die uns positiv aufgefallen sind und auch die Skurrilitäten einfangen, die bei einer Messe dieser Größe unabdingbar sind.

Wir freuen uns darauf, Euer Auge und Ohr bei der 75. Frankfurter Buchmesse zu sein. Stay tuned!

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Karenin habe ich geliebt!

Veröffentlicht in Gesellschaft, Kultur, Literatur | 13. Juli 2023 | 14:08:56 | Roland Müller

Milan Kundera ist tot. Der wohl einzige Schriftsteller des vergangenen 20. und frühen 21. Jahrhunderts, der in der Lage war, mit unfassbar leichter Hand und Sprache gegen politische Unterdrückung und staatliche Willkür anzuschreiben. Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins, sein insgesamt berühmtester Roman, mag hierfür als exemplarisch gelten. Auch wenn es aus heutiger Rücksicht seinen 80iger-Jahre-Charme nicht mehr wirklich ausspielen kann, oftmals hart am Rande zum Kitsch balanciert.

Und ja, ich habe insbesondere Karenin geliebt, den Hund, den Tomas nach der Heirat seiner Tereza zum Geschenk gemacht hat – Karenin, von Tereza benannt nach dem Namen ihres Lieblingsbuches Anna Karenina und kein Rüde, sondern eine Hündin, halb Deutscher Schäferhund, halb Bernhardiner. Damit ganz nebenbei als Metapher auf unsere heutige Genderdiskussion unfassbar modern. In Kunderas Vorstellung waren Hunde, weil niemals aus dem Paradies vertrieben, Quelle einer bedingungslosen Freude. Genau das vermittelte Karenin im Buch Tereza; bis zu seinem Tod am Ende der Novelle.

Milan Kundera, in Tschechien geboren und aufgewachsen, Opfer des Prager Frühlings, ausgeschlossen aus der kommunistischen Partei, der seine tschechische Staatsbürgerschaft aberkannt bekam und in Paris eine französischsprachige Schriftstellerkarriere begann, die ihre Spuren durch die letzten Jahrzehnte des Jahrhunderts zog. Erst 2019 machte Kundera seinen Frieden mit seinem Geburtsland, nahm erneut die tschechische Staatsbürgerschaft an. Gleichwohl arbeitet er sich ein Leben lang an den Erfahrungen ab, die er jenseits und diesseits des damaligen Eisernen Vorhangs gemacht hatte. Am 11. Juli 2023 ist er in seiner Wahlheimatstadt Paris verstorben.

© Foto: privat

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Sommeranfang für Literaturbegeisterte

Veröffentlicht in Kultur, Literatur | 21. Juni 2023 | 14:41:35 | Roland Müller

Heute beginnt nicht nur – kalendarisch – der Sommer. Heute feiert auch einer der großartigsten Schriftsteller unserer Zeit seinen 75. Geburtstag: Ian Russell McEwan. Spätestens seit „Abbitte“ einer der großen britischen Erzähler und Meister des Eintauchens in die Psyche seiner Figuren. Wobei er in den letzten Jahren immer wieder und mehr denn je Zeitfragen aufgreift und in der ihm eigenen Weise die komplexe Moral aufdeckt, die sich dahinter verbirgt. Was auch und erst recht für seinen letzten und erstmals fast autobiographischen Roman „Lektionen“ gilt.

Lieber Ian, alles Liebe und Gute zum Geburtstag! Mögest du uns noch lange erhalten bleiben und mit Beobachtungen des Lebens und der Menschen beglücken, literarisch auf Augenhöhe mit Virginia Woolf, Charles Dickens oder Eugene O’Neill. Sprachlich und inhaltlich. Und mögest du Generationen von aufstrebenden Autoren inspirieren, es dir gleichzutun. Auch wenn das fast ans Unmögliche grenzt 😉

Copyright Foto: Roland Müller

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