Kamera
Schokolade

Archiv für die Kategorie ‘Klimakrise’

« Ältere Artikel |

In eigener, ganz anderer Sache …

Veröffentlicht in Arktis, Klimakrise, Kultur, Kunst, Literatur, Medien, Politik, Unterhaltung | 08. Dezember 2023 | 15:19:50 | Roland Müller

Dem einen oder anderen Besucher unseres digitalen Cafés mag es bereits bekannt sein, einigen aber vielleicht noch nicht: Seit einer Weile blogge ich nicht nur hier auf dieser Seite, sondern betätige mich auch als Schriftsteller. Als Thriller-Autor, um genau zu sein. Noch genauer: Als Autor von Thrillern, die im abtauenden Eis der Arktis spielen. Und das auf professioneller Basis als Verlags-Autor. Ende November, Anfang Dezember 2022 konnte ich einen Literaturagenten für meine Ideen begeistern. Und der wiederum hat mich anhand von Expo und Leseprobe an die Aufbau Verlage in Berlin vermittelt. Mein Thriller-Erstling EISRAUSCH ist in der Frühjahrs-Vorschau 2024 des Verlages angekündigt (ein PDF der Vorschau von Aufbau Taschenbuch kann man sich herunterladen) und wird ab 13. August 2024 in den Buchhandlungen ausliegen. Vorbestellt kann er natürlich jetzt schon werden. Und zwar hier: EISRAUSCH.

Wer mehr zu diesem meinem Herzensprojekt erfahren will, findet allerlei Informationen dazu auf meiner Autoren-Homepage. Ebenso wie ein paar Hinweise, wieso ich mich thematisch ausgerechnet in der Arktis herumtreibe. Der zweite Band der Thriller-Reihe ist übrigend bereits in Arbeit und soll 2025 erscheinen. Manuskriptabgabe ist laut Vertrag der Mai 2024. Wie es danach weitergeht, werden ich dann sehen. Ideen für zwei weitere Bände gibt’s bereits …

Kommentare deaktiviert für In eigener, ganz anderer Sache …

FBM 2023 –Sa (4/5): Chaos und Kontrolle

Veröffentlicht in Gesellschaft, Klimakrise, Kultur, Kunst, Literatur, Medien, Politik, Unterhaltung | 21. Oktober 2023 | 23:41:26 | Roland Müller

Samstag. Die Pforten der Hölle werden geöffnet. Und Menschenmassen wälzen sich in Richtung Frankfurter Buchmesse. Wie lange werden die beiden dezent verkabelten Bodyguards den Überblick behalten, früh am Morgen? Wie auch immer, wir stürzen uns erneut für Euch ins Getümmel …

Wobei „Getümmel“ der tatsächlichen Situation kaum gerecht wird. Bereits auf den Rolltreppen von der S-Bahn-Station hinauf zur Messe beginnen wir zu ahnen, was dieser Tag bringen wird …

Mit einem Wort: Chaos. Je nach Blickwinkel wirken die verschlungenen Rolltreppen wie ein Labyrinth, entsprungen der Phantasie eines Escher. Nur dass nichts statisch, alles in Bewegung ist.

Und dann stecken wir plötzlich fest! Mitten in Halle 3.0 geht nichts mehr. Erst später erfahren wir, woran das liegt: Am zum Bastei Lübbe Verlag gehörenden Imprint Lyx werden messeexklusiv limitierte Farbschnitte von gängigen Romancebüchern angeboten. Und auf der Gegengeraden signiert gerade Sebastian Fitzek bei Droemer Knaur seinen neuesten Psychothriller „Die Einladung“. Mit der Folge, dass sich im weiteren Verlauf des Tages eine Warteschlange von mehr als 200 Metern Länge bilden wird, nicht nur am Stand, in der Halle, sondern bis weit hinaus auf die Agora. Wir flüchten nach draußen! Was fast eine Viertelstunde dauert und einigen handfesten Nachdruck erfordert.

Draußen auf der Agora ist immer noch hektisch genug, aber zumindest können wir ein wenig Luft holen. Über uns der zunehmend blaue Herbsthimmel. Neben uns der zum Bersten aufgepumpte Asterix des Egmont Verlags, der von einem wummernden Kompresser stetig neu befüllt wird. Ein Häppchen essen an einer der zahlreichen Verpflegungsstellen? Keine Chance. Auch hier Dutzende Meter lange Warteschlangen. Okay. Wir verziehen uns wieder nach drinnen.

Nach oben, Richtung Halle 3.1 – diesmal erklimmen wir die stählerne Außentreppe, clever wie wir sind. Sie bebt zwar bedenklich unter unseren Schritten (und denen jener Hundert, die auf die gleiche grandiose Idee gekommen sind), aber es geht voran.

Oben angekommen, bietet sich uns eine phantastische Aussicht über die gesamte Agora mit dem Frankfurt Pavillon, rechts hinten dem Pavillon des Ehrengasts Slowenien, darüber der Messeturm. Und all das vor einem urplötzlich fast wolkenlosen, blauen Herbsthimmel. Fast waren wir in Versuchung, zu vergessen, weshalb wir uns all das antun …

… Nämlich der Bücher wegen. Bücher wie beispielsweise dem bei C.H. Beck erschienenen Roman Salomés Zorn von Simone Atangana Bekono. Ein in zweierlei Hinsicht wichtiges und lesenswertes Buch. Erstens erzählt Bekono in diesem beachtlichen Debüt aus der Sicht einer wütenden jungen Frau ein Aufwachsen in einem zutiefst rassistischen Umfeld.

Und zweitens schafft sie es, mit einer intensiven und authentischen Sprache zu vermitteln, wie die Heranwachsende mit ihrem Zorn klarzukommen versucht und daran ebenso scheitert wie am blinden Aufgreifen der brutalen Verhaltenstipps ihres Vaters. Ein gelungenes Debüt. Und fast ein Lesetipp.

Auf jeden Fall ein Lesetipp (unser wievielter eigentlich?) ist Colson Whitehead: Die Regeln des Spiels. Erschienen bei Hanser. Ein knallharter Krimi, der im New York der siebziger Jahre spielt. Brillant erzählt, spannend, mit einer guten Prise Witz. Der Text auf der Rückseite bringt es ziemlich gut auf den Punkt:

Ganz sicher einer der drei besten Kriminalromane des Jahres. Von einem, der sein Metier meisterhaft beherrscht. Deshalb ohne Einschränkung ein Lesetipp!

Achtung: harter Kontrast! Im Vorbeigehen (naja, eher Schieben, Drücken, Schubsen) greifen wir nach dem sehr persönlichen Peter Sloterdijk: Zeilen und Tage III – datierte Tagebuchnotizen eines wirklichen Philosophen, nicht eines TV-medialen Meinungsschwurblers, dessen Eitelkeit keine glaubwürdige Entschuldigung zulässt, wenn er wieder (einmal) in die falsche Schublade greift … aber lassen wird das. Wer aus wirklich allernächster Nähe beobachten will, wie ein Philosoph „tickt“, wie er beobachtet und bewertet, ist mit diesem Buch bestens bedient. Sehr anregend und deshalb Lesetipp!

Und wenn wir schon bei Sloterdijk sind, ist auch ein Hinweis auf Wer noch kein Grau gedacht hat statthaft. Vergangenes Jahr erschienen, eine politisch-philosophische Farbenlehre. Niemand polemisiert so elegant wie Sloterdijk, altersweise, wie er mittlerweile daherkommt.

Und nun kommen wir frei nach Monty Python zu etwas vollkommen anderem … Wien. Genauer gesagt Wolfgang Freitag: Nur in Wien. Ein kleines, grünes, erquickliches Büchlein über Absonderlichkeiten im Wiener Stadtbild. Skurril, nicht ohne Schmäh und einfach nur lesenswert. Eine Entdeckung am Stand des Czernin Verlags, an dem die meisten Besucher einfach vorübergehen (auf der Suche nach neuen Farbschnitten? Wer weiß das schon).

Der rückwärtige Text sagt, worum es geht. Profan? Von wegen! Wir lieben das! Lesetipp? Aber sowas von!

Gleicher Verlag, noch kompakteres Büchlein. Aber das hat es in sich. Beispielsweise für Autoren, deren Geschichten in einer Zeit spielen, als die USA mit dem OSS eine Institution besaßen, der sich auf besonders üble Arbeitsweisen verstand. Sabotage und psychologische Kriegsführung – Ein Handbuch ist genau das: Ein Handbuch mit konkreten Anleitungen, wie man den Feind zerrüttet, seine Moral bricht, seine Strukturen lahmlegt. Alles O-Ton des längst nicht mehr existierenden OSS, des Office for Strategic Services, das eine kurze aber höchst wirkungsvolle Blüte erlebte während des Zweiten Weltkrieges. Ein Blick auf die Rückseite macht Appetit …

Das eigentlich Erschreckende an dieser Fachlektüre: Von wenigen Details abgesehen ist der Inhalt auch heute noch relevant und anwendbar. So etwas gehört in jeden heimischen Bücherschrank. Man kann ja nie wissen …

Ein hübsches Organigramm des OSS lässt auf einen Blick erahnen, womit man es zu tun hat. Ein interessantes Stück Zeitgeschichte.

Zeitgeschichte finden wir auch ein paar Ecken weiter, bei den Aufbau Verlagen. Auf eine Currywurst mit Gregor Gysi würden wir uns auch gerne mal treffen. Eloquent, nachdenklich, schlagfertig, oft witzig lässt uns der linkeste aller Elder Statesmen an seinen Gedanken und Einsichten teilhaben. Schade, dass Politiker wie er zu einer aussterbenden Spezies gehören, sehr schade.

Dann endlich kommen wir an unserem eigentlichen heutigen Ziel an: der Leseinsel der Unabhängigen Verlage. Wir sind ein bisschen früh dran für unser eigentliches Lesungs-Date. Aber Thomas Brussig: Meine Apokalypsen klingt gleichwohl spannend. Er beschreibt in seinem jüngsten Buch recht launig eine lange Reihe von scheinbaren Apokalypsen, denen immer der Ruf vorauseilte, das Ende der Menschheit einzuläuten. So weit, so gut. Vieles davon erscheint uns nachvollziehbar. Ob es allerdings im Kontext von Ozonloch, Millenium-Bug, Finanzkrise 2008 und Corona-Pandemie statthaft ist, die Klimakrise mit dem gleichen Maß zu messen, muss bezweifelt werden. Denn im Gegensatz zu allen vorangegangenen „Apokalypsen“ wird diese Entwicklung nicht wieder verschwinden. Sie wie Brussig (ein ansonsten von uns sehr geschätzter Autor) auf einer rein regionalen und lokalen Ebene hierzulande zu bewerten, geht am globalen Zusammenhang vorbei. Der Moderator (vom Verlag?) bemühte sich nach Kräften, Brussigs etwas schräge Realitivierung aus der Schusslinie zu nehmen. Das gelang allerdings nur teilweise. Aber egal. Wir waren ja nicht wegen Brussigs Apokalypsen hierher gekommen. Sondern …

… wegen einer lieben Forumskollegin vom DSFo, Varina Walenda. Sie hat soeben mit ihrem Debütroman Dopamin & Pseudoretten beim kleinen und feinen Voland & Quist Verlag in Berlin reüssiert. Hier und heute hält sie bereits ihre zweite öffentliche Lesung. Die erste fand in spektakulärer Kulisse statt, nämlich im Frankfurter Römer, bei der traditionsreichsten Literaturveranstaltung der Mainmetropole, Literatur im Römer. Ein tolles Buch, ein richtig guter Gegenwartsroman, der viele Aspekte der Diversität und Buntheit der Gesellschaft, der Licht- und Schattenseiten queerer Existenz beleuchtet, mit einem überraschenden Twist versehen und in einer authentischen, heutigen Sprache geschrieben ist, die einen unmittelbaren Sog in die Story auslöst. Ein glänzendes Debüt, liebe Vari!

Wie es scheint, wurde unser Urteil von einer ganzen Menge der Anwesenden geteilt. Denn im Anschluss an die Lesung knäulte sich bereits eine Gruppe junger, meist weiblicher Fans um die Autorin, um sich den Debütroman signieren zu lassen. Wenn das mal kein gutes Zeichen ist 😉

So nahm ein chaotischer, hektischer, anstrengender vorletzter Messetag dann doch noch ein versöhnliches Ende. Mit einem Blick auf die immer wieder futuristisch wirkende Dachkonstruktion der Halle 3.1 schieben, drängeln und stoßen wir uns durch in Richtung Ausgang der Messe. Wir hoffen , es hat Euch Spaß gemacht, uns auf unserer diesjährigen Rundreise durch die heiligen Messehallen zu begleiten. Nächstes Jahr kommen wir wieder, versprochen!

Morgen gibt’s an dieser Stelle noch einen weiteren, den letzten Beitrag usnerer Berichterstattung von der 75. Frankfurter Buchmesse. Mit einem Rückblick auf Skurriles und Absonderliches der diesjährigen Messe, einer Überraschungszugabe und einer ausführlichen Würdigung einiger Neuerscheinungen des Wagenbach Verlags. Denn der, wie wir gerade mit Entsetzen feststellen, wäre diesmal fast unter unserem Radar geblieben. Unentschuldbar. In diesem Sinne: Stay tuned until tomorrow!

Kommentare deaktiviert für FBM 2023 –Sa (4/5): Chaos und Kontrolle

FBM 2023 – Eröffnungspressekonferenz

Veröffentlicht in Gesellschaft, Klimakrise, Kultur, Kunst, Literatur, Medien | 17. Oktober 2023 | 13:45:11 | Roland Müller

Traditionell wird die Frankfurter Buchmesse am Tag vor dem offiziellen Öffnen der Tore für die Fachbesucher durch eine Pressekonferenz eingeleitet. Das war dieses Mal nicht anders als sonst. Da aber das geopolitische Umfeld derzeit so ist, wie es ist, spiegelte sich die angespannte Lage auch in den Eröffnungsreden von Karin Schmidt-Friderichs, Jürgen Boos und der aus London angereisten Keynote-Speakerin Gaia Vince.

Karin Schmidt-Friedrichs, Vorsteherin des Börsenvereins des deutschen Buchhandels, ging kurz auf die Weltlage ein, um dann auf die durchaus angespannte Lage des Verlagswesens hinzuweisen. In Zeiten steigender Material- und Produktionskosten, aber auch unter dem Eindruck dessen, was Generative KIs zu leisten vermögen – ertüchtigt durch Urheberrechtsverletzungen. Denn um nichts anderes handele es sich bei der millionenfachen Verarbeitung urheberrechtlich geschützter Werke. Ein Thema, das mittlerweile auch die US-Gerichte beschäftigt. Nach dieser Kritik schwenkte sie über zu einer positiven Betrachtung dessen, was Bücher und das Lesen per se ausmacht. Sie betonte, dass Lesekompetenz nicht nur die Basis für Bildungs- und Lebenskarrieren sei, sondern auch die Basis für eine resiliente Demokratie. Zum Abschluss hob sie hervor, dass der kürzlich in Umlauf gebrachte Kulturpass bereits mehr als 200.000 junge Empfänger gefunden habe, die damit bereits 400.000 Käufe getätigt haben. Davon mehr als die Hälfte Bücher.

Das Auditorium im herbstkalten Frankfurt Pavillon auf der Agora war bis auf den letzten Platz gefüllt mit Pressevertreter:innen und Blogger:innen. Jürgen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse und seit eh und je ein entschiedener Verfechter einer politischen Buchmesse, konnte nicht umhin, auf die aktuelle Weltlage abzuheben: „Die Welt ist aus den Fugen geraten. Wir haben die Krise des Klimawandels und die Krise der westlichen Demokratien. Wir erleben seit über anderthalb Jahren Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine. Und seit dem 7. Oktober einen neuen, schrecklichen Höhepunkt der Gewalteskalation durch den Terrorkrieg der Hamas gegen Israel. Wir sind entsetzt. Bei der Frankfurter Buchmesse geht es immer um Menschlichkeit, im Zentrum steht die menschliche Begegnung. Diese Menschlichkeit ist am 7. Oktober durch den Angriff der Hamas-Terroristen auf Israel abermals zerbrochen. Unser Mitgefühl gilt den Menschen, deren Angehörige Opfer dieses Gewaltexzesses wurden, und allen Menschen in Israel und Palästina, die unter dem Krieg leiden.”

Boos beschrieb mit dem ihm eigenen Enthusiasmus die Frankfurter Buchmesse als den weltweit größten Handelsplatz für Geschichten und Ideen, ein Ort des Rechts und des Urheberrechts und ein Ort der Selbstvergewisserung der Buchbranche. Er wies abschließend auf den diesjährigen Ehrengast Slowenien hin, der unter dem Motto ‚Waben der Worte‘ sein breites literarisches Schaffen vorstellen wird.

Als Dritte trat Gaia Vince ans Rednerpult, die eigentliche Keynote-Speakerin der Veranstaltung. Die renommierte Wissenschaftsjournalistin und Autorin („Das nomadische Jahrhundert“) beschrieb den aktuellen und überaus dramatischen Stand der Klimakrise mit all ihren Kaskadeneffekten, allen voran Klimamigration. Sie betonte, dass eine gut geplante Migration – genau daran mangelt es ja – eine Bereicherung für jede Gesellschaft sein kann. Eine positive Kraft, die es zu nutzen gilt in Zeiten, wo uns nur Kooperation zu retten vermag, nicht Konfrontation. „Die Kraft des Buches liegt darin, dass wir unser Inseldasein verlassen können“, sagte sie und schlug damit die Brücke zur Buchmesse. Sie endete mit einem flammenden Appell an die Gemeinsamkeit: „Es gibt nur eine menschliche Spezies!“

Der aufbrandende Applaus beendete eine Pressekonferenz, die das diesjährige Messemotto ‚And the story goes on‘ mit Leben gefüllt hat.

Den Schlusssatz von Gaia Vince „Es gibt nun eine menschliche Spezies!“ rufen wir nur allzugern allen Hassern, Hetzern und Polarisierern da draußen zu. Soviel in der gebotenen Kürze zu den Inhalten der diesjährigen Eröffnungspressekonferenz der Frankfurter Buchmesse. Ab morgen steigen wir ein ins Treiben und berichten aus den heiligen Messehallen. CU there!

Kommentare deaktiviert für FBM 2023 – Eröffnungspressekonferenz

Ein historischer Tag

Veröffentlicht in Gesellschaft, Klimakrise, Politik | 20. August 2023 | 10:44:51 | Roland Müller

Heute vor fünf Jahren hat sich eine junge Schülerin mit einem handgemalten Plakat in Sichtweite des schwedischen Parlaments auf den Boden gesetzt, um gegen die Untätigkeit der Regierung im Kampf gegen die heraufziehende Klimakrise zu protestieren. An diesem 20. August 2018 begann nicht nur Greta Thunbergs freitäglicher Schulstreik, ein Affront für Eltern weltweit. Sondern auch der lange Weg einer bis heute wachsenden Bewegung von jugendlichen Klimaaktivist:innen unter dem schnell gefundenen Namen Fridays for Future. Heute, gerade mal fünf Jahre später ist nicht nur das Thema Klimakrise der Klimakatastrophe nähergerückt, mit der wir es längst zu tun haben. Es ist auch zum Dauerbrenner im Bewusstsein einer leider immer mehr überforderten Öffentlichkeit geworden, die längst alle Anzeichen einer posttraumatischen Belastungsstörung zeigt. Sollte wider Erwarten das Szenario, das T.C. Boyle in Blue Skies mit der ihm eigenen Ironie und Hellsicht als neues Normal des Alltagslebens beschrieben hat, nicht Realität werden, dann wird man Greta dereinst in Bronze gießen und an jedem Platz aufstellen, der noch nicht überflutet oder von der Sonne verbrannt wurde. Zu Recht!

Kommentare deaktiviert für Ein historischer Tag

Ausgerechnet am Tag des Grundgesetzes

Veröffentlicht in Gesellschaft, Klimakrise, Politik | 24. Mai 2023 | 15:56:57 | Roland Müller

Ist das noch ein Rechtsstaat? Ich komme langsam ins Grübeln …

Eigentlich wollte ich zum heutigen Tag des Grundgesetzes ein paar wohlgesetzte Worte posten zu den Grundvätern und Grundmüttern der Republik und zu den Verfasser:innen des Grundgesetzes. Und das im Kontext der 1848er Revolution und jener Menschen, die sich damals vor und in der Frankfurter Paulskirche versammelt hatten, um von den deutschen Fürsten Freiheit und Bürgerrechte einzufordern.

Stattdessen sitze ich nun hier und versuche zu verarbeiten, was da heute geschehen ist. Razzien bei Mitgliedern der Letzten Generation im Stile dessen, was ich noch aus Zeiten der Rote Armee Fraktion (RAF) erinnere. Ausgelöst in seltener Eintracht von der demnächst in Hessen wahlkämpfenden Innenministerin Nancy Faeser (SPD!) und dem bayerischen wahlkämpfenden Minsiterpräsidenten Markus Söder bzw. der Generalstaatsanwaltschaft München und dem Bayerischen LKA. Geht’s noch? Vielleicht noch eine Nummer größer? SEK-Einsätze zum Beispiel?

Ich gehe davon aus, dass diese Aktion formaljuristisch in Ordnung ist, ich hoffe das wirklich, weil sonst … Egal, mir erscheint es offensichtlich, dass da gerade etwas gewaltig aus dem Ruder läuft. Ist es tatsächlich verhältnismäßig? Oder ahne ich da die harte Faust eines Rechtsstaates, der bei einer ganz besonderen Zielgruppe Angst verbreiten möchte, bei Jugendlichen nämlich, die nur noch eine einzige Angst verspüren, die vor der heraufdämmernden und vermutlich nicht mehr aufzuhaltenden Klimakatastrophe. Mein Gott, wie will man dieser Generation überhaupt Angst machen? Möglicherweise – ich stelle das mal als Hypothese in den Raum – war die heutige Aktion ein kapitaler innenpolitischer Fehler, der zeitnah das hervorrufen wird, was später in den Geschichtsbüchern als „Klimaterrorismus“ beschrieben werden wird. Und ich rede da nicht von verzweifelten Jugendlichen und sonstigen Klimaaktivisten, die sich auf den Asphalt einer Durchgangsstraße kleben …

Ich hätte mir mehr Augenmaß gewünscht und weniger Law and Order. Vergleichbares Durchgreifen in der immer aggressiveren rechten Szene. Und ein wenig mehr Respekt vor der Idee des Grundgesetzes. Gerade an einem Tag wie heute.

© Screenshot: Roland Mueller

Kommentare deaktiviert für Ausgerechnet am Tag des Grundgesetzes