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Schokolade

Steve und die dünne Luft

Veröffentlicht in Apple & Co | 15. Januar 2008 | 22:54:54 | Dirk Kirchberg

Schon vor der Keynote waren fast alle Mac-Seiten platt. Der Ansturm war riesig groß. MacScoop – tot, MacDailyNews – auch tot, Twitter – mausetot. Eine der wenigen deutschen Seiten, die fröhlich vor sich hin tickerten und sehr schnell unterwegs waren: die uns innig verbundenen Kollegen von mackauf, bei denen man den kompletten Keynote-Thread nachlesen kann, bis bei Apple das Video zu Steves Auftritt verfügbar ist.

Fangen wir mit dem Knaller des Abends an: Das nagelneue, scheißdünne MacBook Air, das an der dicksten Stelle 1,9 Zentimeter dünn ist, wiegt sagenhafte 1,36 kg und kommt mit einem Multi-touch-Trackpad! Komplett aus Alu, quecksilber- und arsenfreies 13,3 Zoll Display – das Baby könnte der Lieblingscomputer von Greenpeace werden…

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Der Preis allerdings war der Downer des Abends: in der Version mit 1,6 GHz und eine 80 GB 1,8 Zoll HD kostet das Air 1.699 Euro, in der 1,8er-Version und 64 GB SSD (Solid-State-Festplatte) geschmacklose 2.868 Euro! Bitte was?! Und ich dachte für eine Sekunde, das MacBook Air sollte unterhalb des MacBooks und nicht zwischen MacBook und MacBook Pro angesiedelt werden…

Zu Beginn seiner Präsentation feierte Jobs die Erfolge ab: Leopard ist extrem erfolgreich. Die offiziellen Lobhudeleien für das System übernahmen Kolumnisten wie Walt Mossberg, David Pogue, Ed Baig und Ed Mendelson. Ihr Fazit: Leopard 10.5 – das erfolgreichste Mac OS X aller Zeiten. Schlimm, wenn es anders gewesen wäre…

Nach der Zeitmaschine kommt jetzt die Zeitkapsel für die mobilen User unter uns: Time Capsule. Diese besteht aus einer Festplatte mit Airport-Schnittstelle. Backups finden so per Wlan statt. Mit 500 GB und 1 TB kommt diese Backup-Lösung daher. Allein für die Namensfolge – erst Zeitmaschine, jetzt Zeitkapsel – sollte Apple einen Preis erhalten. Time Kapsule sieht übrigens aus wie eine Airport Extreme.

Mit dem iPhone ging es weiter. Und auch hier nur Superlative: 4 Millionen verkauft, 20.000 im Durchschnitt – pro Tag. Damit hat Apple das Feld der Smart Phones in den USA von hinten aufgerollt und muss nur noch RIM, die das Blackberry produzieren, vor sich dulden. Ein paar neue Features bekommt das iPhone auch: Man kann nun per Google Maps seinen Standort bestimmen – ohne GPS. Wahrscheinlich erst einmal nur in den Staaten. Außerdem kann man nun SMS an mehrere Adressaten senden. Das wurde aber auch Zeit.

Das abgespeckte Telefon, der iPod touch, bekommt ebenfalls neue Software: Mail, Maps, Aktienkurse Notizen und Wettervorhersage. Gerade Mail und Maps mussten sein. Damit hat Steve das Ding bei mir auf die Must-Have-Liste katapultiert.

iTunes, ein weiterer Riesenerfolg für Apple: 4 Milliarden Lieder, 125 Millionen TV-Shows und 7 Millionen Filme verkauft. Kein Wunder, dass nun endlich die ultimative Cash Cow kommt, auf die wir alle gewartet haben: iTunes Movie Rentals, sprich Filmverleih. In den USA ab sofort und demnächst auch international.

Der Knaller an dieser Nachricht: Alle großen Studios sind dabei. Warner, Paramount, Sony, Disney, MGM, Lionsgate, Touchstone, Miramax, New Line, 20th Century Fox. Das zeigt wieder einmal, dass anscheinend nur Apple respektive Steve Jobs es schafft, die verfeindete Industrie zu einen. Wahrscheinlich, weil er ihnen wie kein anderer vorrechnen kann, was an Kohle in diesem Deal für alle steckt. Schön wäre es, Steve auch gleich mit einem Schild in der Hand für die Autoren in den USA demonstrieren zu sehen, frei nach deren Motto Do the write thing.

Selten hat Apple ja einem Produkt eine zweite Chance eingeräumt. Bei Apple TV machen die Jungs aus Cupertino eine Ausnahme. Denn nun kann das Fernsehteilchen deutlich mehr: Man braucht nicht einmal mehr einen Computer. Man kann damit direkt Filme in DVD- und HD-Qualität und Fernsehshows mieten, Fotos von flickr und .Mac-Galerien präsentieren, sich Musik und Podcasts anhören und rund 50 Millionen Videos von YouTube schauen. Habe ich erwähnt, dass Apple TV, die Zweite, Dolby 5.1 kann? Gut so.

Wie finde ich die vorgestellten Produkte? Ich finde den iPod touch mit den neuen Apps super. Es wurde Zeit, dass dieses gute Stück nicht weiterhin so derart kastriert daherkommt. Auf Time Capsule bin ich sehr gespannt, da die bisherigen Wlan-Backup-Lösungen nur sehr schleppend funktionieren. Apple TV finde ich sehr lecker, allerdings fehlt mir zu diesem Vergnügen immer noch der Flachbildschirm – und das wird auch noch eine Weile so bleiben.

Der iTunes Filmverleih ist die konsequente Erweiterung des bisherigen Angebots, und die Preise finde ich okay. Meine Videothek ist teurer, wenn ich den Film nachts nicht mehr zurückbringen will, was am Wochenende schon einmal vorkommen kann…

Ad MacBook Air. Bei dem Ding bin ich zwiegespalten. Einerseits ist das Design genial und einfach atemberaubend, ja, ich sag’s, oberhammergeil. Aber der Preis… Ich finde, der geht überhaupt nicht. Auch wenn das Air extrem dünn und leicht ist, das Design das Schärfste ist, das Apple bisher entwickelt hat, bekommt man für den Preis des kleinen Air sowie des externen SuperDrives das kleinste MacBook Pro. Sicher, die Geräte sollen zwei verschiedene Käuferschichten ansprechen. Aber der Preis geht trotzdem nicht geht nicht, geht nicht…

Oder wie seht Ihr das?

Ach ja, einige Software-Updates gibt es auch: Quicktime 7.4, iMovie 7.1.1, Front Row 2.1.2 – und iTunes natürlich.

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3 Antworten zu “Steve und die dünne Luft”

  1. 15. Januar 2008 um 23:43:11 | Chris sagt:

    Das MacBook Air ist sicherlich ein Meilenstein in der Miniatusierung (ohgott, was für ein Wort…) der Notebooks, dennoch gibt es hier auf den 2. Blick leider einige Mängel welche mich von einem Kauf abhalten würden.

    Zu allererst natürlich der Preis. Dieser Umfang für 1700- bzw. 3000€ ist schon eine Frechheit. Als zweites bleibt zu beachten, dass ein MacBook Air nahezu unbrauchbar ist, ohne einen zweiten Rechner oder ein mitgeschleiftes CD-ROM Laufwerk. Wenn ich alleine daran denke, wieviele Spiele die CD im Laufwerk haben wollen, um gestartet zu werden… Ich sehe es schon kommen, in der Uni wird immer öfter die Frage aufkommen „Hey, kann ich mal eben bei dir was installieren, damit ich es bei mir installieren kann?“.

    Zweitens sehe ich einen großen FAIL beim fehlenden FireWire Anschluß. Wieviele Camcorder und auch Digital-Kameras gibt es, die ausschließlich über FireWire Daten übertragen? Es sind immens viele. Ethernet kann man ja mit dem $29 Dongle richten, FireWire bleibt aber aussen vor. Sicherlich nur ein Schritt von Apple um die Capsule zu pushen… Poof!

    Allgemein zur Keynote bin ich doch etwas enttäuscht was die MacBook Pro Reihe angeht. Sicherlich kann man nicht erwarten ständig neue Updates zu bekommen. Aber wieso nicht mal eben ein BTO mit Penryn und 256/512MB VRAM anbieten? Würde Apple sicherlich nicht das Genick brechen, wo sie doch per-du mit Intel sind.

    Ich bin gespannt was die nächsten Wochen bringen. Bis zu meinem geplanten Kauf muss sowieso noch das Finanzamt reagieren 😉

    Gruß,
    Chris

  2. 15. Januar 2008 um 23:55:41 | faber sagt:

    Als regelmäßiger Nutzer eines MacBook Pro werde ich das neue MacBook air nicht haben wollen. Und das liegt nicht nur daran, dass das Teil zum einen wegen seines Coolnessfaktors erhöht diebstahlgefährdet ist und man sich zum anderen dem Verdacht der Coolnessprotzigkeit aussetzt. Die ganz praktischen Nachteile wiegen zu groß. …

  3. 16. Januar 2008 um 10:04:01 | flo sagt:

    Hmm. Ja, das MacBook Air ist sicherlich einfach eine ganz neue (für Apple) Notebookklasse und alleine deshalb a) nicht das, was wahrscheinlich viele erhofft hatten (einen 12″ PowerBook-Nachfolger) und b) nicht auf Anhieb so einfach zu klassifizieren und zu bewerten, da es Berührungspunkte sowohl mit MacBook als auch MacBook Pro hat, aber einen derart anderen Schwerpunkt hat, dass man immer hier endet: Man muss Features vergleichen, die gar nicht miteinander zu tun haben. Wie willst du das vergleichen: Das MacBook hat mehr Anschlüsse als das MBA, ist aber halt viel schwerer. Das MBP hat auch mehr Anschlüsse, ist aber doppelt so schwer und viiieeel größer. Aber ungefähr, in der kleinsten Version, so teuer.

    Meines Erachtens muss einem das geringe Gewicht einfach mehr wert sein als alles andere — denn bei quasi allem anderen sind MB und MBP dem MBA überlegen (aus technischer Sicht). Nicht einfach. Zumindest wenn man — wie ich 😉 — eigentlich ein 12″ PowerBook ersetzen möchte, bislang mit dem MacBook nicht recht was anfangen konnte, man aber auch kein 15″ MBP möchte (zu groß). Preislich hat sich das MBA leider so platziert, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass das MBP vielleicht ein bisschen billiger wird (ich halte es schon für ein bisschen zu teuer). Aber demnächst steht sicher eine Überarbeitung des MBP an, mal sehen, was die bringt.