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iPhone na und? Überlegungen zur zögerlichen Annahme des iPhones in Deutschland.

Veröffentlicht in Apple & Co, Medien, Technologie | 29. Januar 2008 | 18:57:41 | Roland Müller

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Wenige Monate nach der Einführung des iPhones auf dem größten europäischen Mobilfunkmarkt Deutschland sind gerade einmal 70.000 iPhones abgesetzt worden. Verblüffend wenig in einem immer noch reichen Land. Wieso? Fehlt uns das fast kindliche Begeisterungsvermögen der Finnen, Franzosen oder gar der Amerikaner für alles Neue? Oder, um es noch weiter zuzuspitzen: Sind wir Deutschen technologiefeindlich?

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Nein, keineswegs. Eine Vielzahl von Untersuchungen wie beispielsweise die 2000 veröffentlichte, nicht mehr taufrische, aber immer noch relevante Studie von Infratest Burke bestätigen, dass die Deutschen der Technologie durchaus positiv gegenüberstehen. Insbesondere dann, wenn sie Vorteile für das tägliche Leben bringt.

Woran liegt es also, dass ausgerechnet ein von seiner intuitiven Bedienbarkeit her so wegweisendes Alltags-Werkzeug wie Apples iPhone überall zum Renner wird, in den USA mit einem Marktanteil von 19,5% quasi aus dem Stand, nur nicht hierzulande? 70.000 bisher verkaufte Einheiten, das sind genauso viele wie die von der France Telecom im ersten Monat verkauften, also vergleichsweise nichts.

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Geht man offenen Auges durch die Straßen einer x-beliebigen amerikanischen Stadt, fällt einem schnell auf, das hier Apples iPhone längst zur Kommunikations-Grundausstattung nicht der happy few, sondern fast schon einer Mehrheit gehört. Am Preis kann es nicht liegen. Oder doch? Ist die Schnäppchenmentalität hierzulande mittlerweile so dominierend, dass außer „Hauptsache billig“ nichts mehr zählt? Der Preis ist relativ zur lokalen Kaufkraft hüben wie drüben nahezu gleich hoch. Die Kosten des Vertrags sind durchaus noch erträglich. Woran liegt es also dann? Die Kommunikation? Nein. Die TV-Spots sind inhaltlich identisch. Was bleibt dann noch?

Vielleicht die unzureichende Präsentation durch das T-Personal? Nun, da war weißgott nicht alles Rotgold, was pink glänzt. Aber zur Präsentation eines iPhone für einen prospektiven Kunden gehört nun wirklich nicht viel. Es genügt einfach die Aufforderung: „Hier, nehmen Sie’s einfach mal in die Hand und spielen Sie damit herum. Es erklärt sich alles von selbst!“

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Dann bleiben eigentlich nur noch die Medien selbst. Kann es sein, dass das traditionelle Genörgel in deutschen Technikredaktionen von CHIP bis Spiegel die Luft herausgelassen hat aus einem technischen Gadget, das in meinen Augen einen Paradigmenwechsel im Design von Benutzerschnittstellen in Mobiltelefonen einleiten wird? Die Bewertung der Ausstattung, die im CHIP-Test das Teil auf Rang 149 hinunterprügelte, ist durchaus ein aufschlussreiches Indiz. Und sehen wir es mal realistisch: In vielen, vielleicht in den meisten Redaktionen muss man sich an irgendwann einmal aufgestellte Testkriterien klammern, die sich anwenderfern, aber herstellernah in einem Erbsenzählen von Features erschöpfen und den für mich selbst ebenso wie für die von Natur aus sehr pragmatischen Amerikaner absolut entscheidenden Aspekt sträflich untergewichten: die Usability.

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Mein Fazit also: Solange Technikkäufer hierzulande ohne Stiftung Warentest, Connect, CHIP und Co. keine Anschaffungen aus eigener Anschauung und mit eigenem Verstand zu tätigen in der Lage scheinen, muss man uns Deutschen wenn schon keine Technologiefeindlichkeit, so aber wohl doch eine ausgeprägte Medienhörigkeit bescheinigen, die deutlich über der Norm des Sinnvollen liegt.

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13 Antworten zu “iPhone na und? Überlegungen zur zögerlichen Annahme des iPhones in Deutschland.”

  1. 29. Januar 2008 um 19:11:39 | warlord sagt:

    Möglicherweise ist der deutsche Durchschnittskonsument aber auch einfach nur bodenständiger und lässt sich schwerer durch Marketing-Hokuspokus begeistern/blenden als sein amerikanisches oder französisches Pendant. 😉

  2. 29. Januar 2008 um 19:23:32 | Magnus sagt:

    Zuerst: 70.000 iPhones sind nicht wenig! Ich finde es schade, dass diese Zahl von vielen Bloggern in Deutschland so kleingeredet wird. Deutschland ist ein Land, welches traditionell wenig Early Adopter beheimatet.
    T-Mobile hat sich aber mit der jetzigen Preisstruktur ganz klar an diese gewandt. In meinem (hauptsächlich Studenten umfassenden) Freundeskreis entwickelt sich das iPhone langsam auch unter Technik nicht-Affinen zu einem großem Wunsch für 2008.

    Auch die Erfahrungen mit iTunes haben gezeigt, dass Apple es schwerer hat. Der Markt hat eben eigene Regeln – man kann das amerikanische Konzept hier nicht einfach so anwenden. Und seien wir mal ehrlich: Jeder von uns kennt eine Person, die erst nach Monaten oder Jahren zum iPod gegriffen hat – weil sie vorher das Vertrauen aufbauen musste, wirklich in ein Qualitätsprodukt zu investieren.

  3. 29. Januar 2008 um 21:59:14 | Dirk Kirchberg sagt:

    Es gibt einen einzigen – EINZIGEN – Grund, warum ich bisher kein iPhone besitze. Und nein, es ist nicht der Preis! Es ist die Tatsache, dass das iPhone bisher exklusiv von T-Error vertrieben wird. Und es gibt nichts, nicht einmal ein Produkt von Apple, das mich dazu bewegen könnte, zurück zum Magenta-Monster zu wechseln… Eine Überzeugung, die ich übrigens mit 2 MIllionen Kunde teile, die den T-Error hinter sich gelassen haben: http://www.haz.de/newsroom/wirtschaft/art659,381791

  4. 29. Januar 2008 um 22:24:34 | Roland sagt:

    @warlord:
    Hm, nach gut 20 Jahren Markenartikelwerbung muss ich Dich leider enttäuschen: Der deutsche Durchschnittskonsument ist genauso durch professionelles Marketing beeinflussbar wir seine europäischen Nachbarn und die Kollegen jenseits des Atlantik. Das beweist allein schon der erfolg von Nokia und Co. 😉

    @Magnus: Absolut ja, aber relativ nein. An Deiner Early-Adopter-These ist allerdings was dran. Ich denke, dafür lassen sich eine Menge mehr Beispiele finden (Toyota Prius etc.)

    @Dirk: Ich gebe zu, dass ich nach alten Erfahrungen auch mit den Zähnen geknirscht habe, bevor ich mir das iPhone angeschafft habe. Andererseits darf man spätestens seit Lichtenberg auch mal von Prinzipien loslassen.

  5. 30. Januar 2008 um 08:37:11 | Thyl Engelhardt sagt:

    Laut http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_L%C3%A4nder_nach_Bruttoinlandsprodukt_pro_Kopf (rechte Spalte, kaufkraftbereinigt) muss ein Durchschnitts-Konsument in den USA 11.1 % seines Monatseinkommens für ein iPhone verwenden, UK 13.5 %, FR 15 %, und DE 15.25 %. Kaufkraftbezogen ist damit ein iPhone in DE 37 % teurer als in den USA. Finde ich als Erklärungsansatz auch nicht schlecht, muss ich sagen. Zumal es auch ganz gut mit den in den verschiedenen Ländern erzielten Erfolgen korreliert.

  6. 30. Januar 2008 um 09:04:56 | flo sagt:

    Nunja, ich denke, man muss schon technologieversessen sein, wenn man von iPhone und iPod touch begeistert sein will — ich fand das zur Vorstellung auch eher Karneval, habe mittlerweile einen touch, und liebe dieses Gerät, mehr noch als den damals ersten iPod, den ich zur Vorstellung auch nicht verstanden habe, und der mich dann technisch (hinichtlich der Bedienbarkeit) einfach begeistert hat.

    Ob sich nun aber wirklich so wahnsinnig viele von einer technisch wie ästhetisch ausgefeilten Lösung eben _begeistern_ lassen, im Sinne von: „Schau mal, was damit alles geht, _wie_ es damit geht, ist das nicht wahnsinnig geil, das mache ich mit meinem XYZ zwar so ähnlich auch, aber mit fünf Klicks mehr, und das da brauche ich gar nicht, aber es geht, und es macht Spaß, sagenhaft, mir glatt egal, was es kostet“…?

    Man kann ja nun viel hin- und hervergleichen, aber kostspielig bleibt ein iPhone eben. Geräte, die nur annähernd dasselbe können sind ebenfalls kostspielig, aber die verkaufen sich ganz bestimmt noch viel schlechter. Letztendlich geht der Trend gefühltermaßen zwar zum Siebt-Handy, aber das sind doch immer die Vertragsgurken, die man eben so dazubekommt — oder meinetwegen für 20, 50 oder maximal einmal 100 Euro Aufpreis. Keine 399.

    Und diejenigen, die die 399 eher erträglich finden (da würde ich mich hinzuzählen), die sind vielleicht gar keine typischen (Viel-)Mobiltelefonbenutzer, und die erschauern dann bei mindestens 50 Euro monatlich — bei alles in allem ganz schön bescheidenen Leistungen.

    Ja, also in gewisser Weise meine ich schon, dass es simpel am Preis liegt. Ausnahmsweise aber weniger aus der weit verbreiteten Gig-Mentalität, sondern einfach weil es sich beim iPhone meines Erachtens _momentan_ halt auch noch um ein Premiumprodukt handelt — das auch wie ein Premiumproukt vertrieben wird. Und von Premiumprodukten spricht man vielleicht gerne, aber tatsächlich kaufen tun es dann doch nur (vergleichsweise) wenige.

    Zu anfangs habe ich nicht recht begriffen, was der iPod touch soll — kostet fast dasselbe wie ein iPhone und ist ein iPhone ohne Phone. Wer soll das kaufen? Nunja, nachdem ich das getan habe, lautet zumindest (m)eine Antwort: diejenigen, die sich gute 300 Euro für ihre Begeisterung/Neugier leisten wollen. Und da 300 Euro, Ausstattungsvergleiche mal beiseite gelassen, im iPod-Universum eine eher normale Größenordnung sind, dürften das viele sein. Wenn aber jemals ein Produkt wie dafür geschaffen war, eine Einstiegsdroge für das nächsthöhere Produkt zu sein, dann ist es der iPod touch. Halo-Effekt? Garantiert. Das Benutzererlebnis eines iPod touches ist überwältigend, alles andere in den Schatten stellend (wie alt sieht und fühlt sich dagegen ein iPod classic bitte aus/an?). Wer je einen touch besessen hat, und dann bei einem Mobiltelefonkauf nicht zumindest an ein iPhone _denkt_, den möchte ich sehen.

  7. 30. Januar 2008 um 13:14:14 | Alexander Klimetschek sagt:

    Ich denke es ist vor allem der Preis. Der „normale“ Vertragsbasierte Handynutzer (subjektiv jetzt von mir erfasst) zahlt nix für ein neues Handy – und wenn er eins von den schickeren neuen haben will, zahlt er halt 100-150 Euro. Das ist nur ein Viertel von 399 Euro des iPhones! Zweitens kostet der günstigste Tarif des iPhones 50 Euro für 100 Minuten Gesprächszeit im Monat, was (wenn man mal die (pseudo-)Datenflat weglässt, weil der für die meisten User nicht greifbar und verständlich ist) extrem teuer ist! Ein Dumping-Angebot wie die 14ct/min ohne Grundgebühr von Aldi Talk beispielsweise, kostet für 100 min nur 14 Euro. Ebenfalls fast nur ein Viertel.

    Fazit einer groben Rechnung: das iPhone ist 3-4 mal teurer als der Durchschnitt. Soweit ich das sehe, sind die Tarife in den USA und auch bei O2 (die sie ja gerade nochmal deutlich verbessert haben) viel günstiger verglichen mit anderen Handys/Tarifen.

  8. 30. Januar 2008 um 13:57:56 | claude sagt:

    na da wurde ja ein Thema losgetreten.
    Aber das mußte auch sein. Meine Finger juckten schon beim 2ten Absatz von Rolands Sermon. Zum Glück hat sich mein Mütchen nach der Lektüre schon beruhigt, da ich die inzwischen die Kommentare gelesen habe. Vor 5 minuten, bei Blutdruck jenseits der 200 und Puls nicht weniger, wäre ich nicht so diplomatisch.

    Das war schon erheblich arrogant, man fühlt sich als normal verdiener ( 5000 brutto) schon deutlich verascht, wenn man sozusagen dumm genannt wird, wenn man das Hndy nicht schon gekauft hat. Na bravo. Es gibt da noch allerhand andere Argumente, aber die wurden schon genannt. NENENE Roland. Man kann, auch wenn man das Geld ÜBRIG !! hätte, aus freiem WIllen ein Apple Produkt nicht kaufen wollen. Das gibts !!

  9. 30. Januar 2008 um 13:59:24 | claude sagt:

    DAS GILT ÜBRIGENS AUCH FÜR DAS MAC BOOK AIR !!!!!!!!!!

  10. 30. Januar 2008 um 16:12:17 | blubb sagt:

    5000 normalverdienend? dann bin ich ja prekariat! juhuu – und mit mir flaechendeckend der ganze osten. supi.
    wenn roland arrogant war – was bist du dann? jemand der den den hals nicht vollbekommt? wenn ich 5000 brutto haette, dann haette ich und meine frau so ein iPhone 😉

  11. 30. Januar 2008 um 17:42:35 | claude sagt:

    Der Durchschnittsverdienst in Deutschland ist 2005 leicht gestiegen. Vollzeitbeschäftigte in Industrie und Handel verdienten im Schnitt 40 600 Euro.

    72 369 Euro für männliche Angestellte bei der Herstellung von Zigaretten im Westen

    aus: http://www.focus.de/jobs/diverses/gehaelter_aid_111927.html

    Zitat von THYL: 15.25 % seines einkommens ( obwohl thyl prokopf BIP nahm, ist das das selbe?) 399€ und 50€ : sind 29.000 € paßt auch nicht.

    Aber die Diskussion ist hier versandet. Wir kommen jetzt in Wirtschaftpolitik und Real.Löhne etc. Denn da liegt das Problem, und nicht in der Preisbildung bei Apple.
    Das IPhone ist trotzdem zu teuer.

  12. 30. Januar 2008 um 20:43:18 | Dirk Kirchberg sagt:

    So, nachdem wir alle ein wenig Luft geholt haben – nicht wahr, Claude? 😉 –, möchte ich einwerfen, dass der Preis schon hoch ist, ich aber dennoch bereit wäre, ihn zu zahlen. WENN ich damit zum Provider meiner Wahl gehen könnte. Visual Voicemail würde ich als Kollateralschaden eines „nicht exklusiven“ Providers echt verschmerzen können. Aber das Ding kommt so dermaßen proprietär daher, dass es schon nicht mehr festlich ist.

    DENN: Ich kaufe ein Gerät, sagen wir: ein MacBook. Ich spiele darauf die Software, die ICH will, und nicht nur die, die mir Apple erlaubt. Und schon gar nicht lasse ich mir reinreden, dass dann die Software, die „erlaubt“ ist, kastriert daherkommt, wie etwa iCal bis vor das letzte Update auf dem touch. Termine anschauen – okay, aber keine Editierfunktion?! Hallo?!

    Wie gesagt: Preis ist happig, aber ich würde es machen – wenn nicht das Magenta-Monster grinsend da stünde….

  13. 31. Januar 2008 um 10:21:50 | andy sagt:

    ja, genau. what he said. Also, will sagen, ich schließe mich Dirk an.
    Und ich lege noch einen drauf, und verweise meinerseits auf Bodo Wartke :

    http://www.youtube.com/watch?v=DBZcsDm2A7Y

    (sein „Brief an Steve“ machte zwar schon mal die Runde und ist dem einen oder anderen sicher schon bekannt, aber er paßt hier nunmal so gut…)