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Schokolade

Ist die Apple-Aktie zu teuer?

Veröffentlicht in Apple & Co | 16. September 2007 | 15:06:13 | Roland Müller

Bei aller Hype um neue und neueste Apple Lifestyle-Produkte mit oder ohne Touchscreen und dem üblichen, oft genug vom US-amerikanischen Quartalsdenken bestimmte Analystengeplappere jenseits der profunderen Betrachtungen à la FAZ lohnt es sich, hin und wieder einen etwas intensiveren Blick unter rein investitiven Gesichtspunkten auf das Apfel-Wertpapier zu werfen. Und dies nicht wie üblich losgelöst, sondern im Gesamtzusammenhang der Märkte.

Das wollen wir versuchen zu tun.

appleaktie.jpg

Frage also: Macht es irgendeinen Sinn, in eine Aktie mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von mittlerweile 37 zu investieren? Zur Erinnerung: Das allseits beliebte KGV ist eine eigentlich sehr simple Kennzahl, die den Kurs durch den Gewinn teilt, also angibt, wie oft der Jahresgewinn im Börsenwert des Unternehmens enthalten ist. KGV = 10 bedeutet konkret, dass das, was ich als Anleger für die Aktie bezahle, dem entspricht, was das Unternehmen in 10 Jahren verdient. Bei einem KGV von 37 heißt das also, dass Apple 37 Jahre braucht, um den Gewinn zu erwirtschaften, den ich anteilig mit meinem Aktienkauf erworben habe. 37 Jahre! Das klingt nicht nur lang, das ist es auch. Insbesondere, wenn man davon ausgeht, dass Investoren gezielt nach Unternehmen mit niedrigem KGV suchen und Aktien mit einem solchen von unter 12 als preiswert, bis 20 als akzeptabel und darüber als teuer betrachten.

Vom KGV her besehen ist Apple also definitiv kein Kauf mehr. Zumindest nicht für Anleger mit langfristigem Anlagehorizont.

Für Trader hingegen, also Anleger, die den kurzfristigen Profit suchen, ist das Papier nach wie vor von großem Interesse. Schaut man sich an, wie Apple sich charttechnisch darstellt, wird auch klar, warum. Ein Blick auf das Langfristchart der Aktie zeigt eine Widerstandslinie im Bereich des Allzeithochs von 146 US$, eine Unterstützungslinie bei 122 US$ und eine weitere irgendwo um die 90-US$-Marke herum. Also ausreichend weit auseinander liegende Grenzen für Seitwärtsbewegungen mit starker Amplitude und der für Nasdaq-notierte Technologieaktien eh typischen starken Frequenz.

In der genial trendübersichtlichen Map of the Market von Smartmoney (Apple ist das große Quadrat direkt hinter dem „logy“ von Technology) lassen sich die Aufs und Abs der früheren Computerschmiede 😉 sehr schön nachvollziehen. Wir erinnern uns dunkel: 1998 war es ein Leichtes, die Apple-Aktie um die 5 US$ herum zu erwerben. Selbst wenn man die damalige Währungsparität berücksichtigt, reden wir hier also über eine 10-Jahres-Kurssteigerung von mehr als dem 25fachen. Nicht übel für ein Unternehmen, das statistisch immer noch öfter totgeredet wurde als jedes andere Technologieunternehmen auf diesem Planeten. Investoren mit einem sehr langen Anlagehorizont muss Apple viele Jahre lang feuchte Kostolanyträume beschert haben.

aapl_10j.jpg

Doch Vorsicht, wir reden hier von der Vergangenheit. Und die ist zur Beurteilung einer Aktie nur wenig relevant! Zudem befinden sich die Börsen weltweit in einer sehr volatilen Phase, voller Übertreibungen, Ängste und leicht auszulösende Panik. Der 9-Prozent-Minicrash im März dieses Jahres war ein dezenter Hinweis darauf. Und selbst die Reaktionen auf die Apple-Quartalsergebnisse – im Oktober ist wieder Termin! – waren ja meist von Übertreibungen geprägt, die oft nicht in Relation zur Realität standen. Ein Beweis mehr, dass Börse vor allem eines ist: Psychologie. Werden Erwartungen übertroffen, steigen die Kurse, werden sie enttäuscht, fallen sie.

Sollten die USA, worauf spätestens seit der Hypothekenkrise viele Vorzeichen hindeuten, in eine Stagflation schlittern – die Kombination aus stagnierender Wirtschaft und steigender Inflation – dann wird dies die Nasdaq wie auch den Dow Jones so heftig treffen, dass sich dem auch der starke Einzelwert Apple nicht widersetzen kann. Wo der Zug hingeht, wird sich aller Voraussicht nach am kommenden Freitag entscheiden, wenn a) die Federal Reserve Bank unter Ben Bernanke die Höhe der Leitzinsen festlegt (aktuell 5,25%) und b) eine große Zahl von Puts und Calls zu diesem Termin kalendarisch fällig werden. Ob die Fed den Leitzins erhöht, hält oder senkt, hängt davon ab, wie hoch Bernanke und Co die Inflationsgefahr einschätzen: hoch = Zinserhöhung, moderat = Zinsen unverändert, niedrig = Zinssenkung. Letzteres würde neue Liquidität in die Märkte pumpen und dadurch die Bösenkurse – auch den von Apple – weiter steigen lassen.

Also: Fallende Zinsen = steigende Aktienkurse. Steigende Zinsen = fallende Aktienkurse. Steigen zudem die Zinsen über 6%, dann ist es finanzhistorisch noch immer so gewesen, dass massiv Kapital aus dem Aktienmarkt abgezogen wird und sich andere Anlagen sucht. Folge: starke Kurseinbrüche bis hin zu einem Crash, insbesondere wenn die sonstigen Rahmenbedingungen dies unterstützen – Schwäche des US-Binnenkonsums, weitere Bankencrashs, unerwartete terroristische Anschläge, weiter steigender Ölpreis etc.

In diesem Zusammenhang lohnt es sich, sich daran zu erinnern, wann die US-Leitzinsen zum letzten Mal die 6% erreicht hatten. Richtig, das war exakt am 21. März des Jahres 2000. Kurz vor dem Platzen der Internetblase und dem folgenden massiven Crash von 2000 bis 2003. Hm, hm, hm…

Wer trotz dieses Risikohorizonts das heiße Spiel mit Apple-Aktien nicht scheut und auf deren weiteren Höhenflug spekuliert, der investiert je nach Fed-Entscheid am Freitag in die Aktie direkt. Oder, noch ein bisserl heißer, er greift zu einem Zertifikat mit Hebel, um überproportional von der Bewegung der Apple-Aktie zu profitieren.

Apple Computer
US0378331005

Commerzbank Unlimited Turbo Bull auf Apple Inc. (4x Hebel)
DE000CK5762

Apple Com. Cap 110 DBK Discount-Zertifikat
DE000DB0NXN1

Ich für meinen Teil werde allerdings versuchen, möglichst viel Liquidität als Cash oder Festgeld zu halten und erst dann wieder in Aktien, Fonds oder ETFs investieren, wenn klar ist, wohin die Märkte laufen werden. Und bei aller Liebe zu den Apfelbauern in Cupertino, die Apple-Aktie habe ich nicht mehr im Portfolio 😉

(© Chart: Smartmoney.com)
Nachtrag: Wer Zeit und Lust hat und sich ein wenig amüsieren möchte, der liest sich durch den mittlerweile auf 19 Seiten angewachsenen Apple-Thread bei der Wertpapier Community 😉

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8 Antworten zu “Ist die Apple-Aktie zu teuer?”

  1. 17. September 2007 um 12:58:20 | claude sagt:

    Wow, daß nenne ich analyse!

    Aber als Macianer, ComputerFan an sich und Kind der 68er Generation und VW-Bus-Fan etc darf man niemals ALLE Apple-Aktien verkaufen, wenn man mal welche hatte.

    Selbst Steve behielt 1 (eine) als er damals ausschied !!
    Es ist immerhin noch ein Glaubensbekenntnis.

    Claude

  2. 17. September 2007 um 13:45:57 | Roland Müller sagt:

    Naja, EINE habe ich ja auch noch, Claude, siehe Foto ganz oben. Die hängt bei mir im Büro an einem Ehrenplatz 😉

    w/kind regs (Roland)

  3. 19. September 2007 um 09:29:11 | Frank sagt:

    Tolle Analyse, is der erste Artikel den ich von euch seit der grünen Zeit gelesen habe, macht weiter so, bin richtig froh daß es abseits der news-seiten mal wieder was neues gibt.
    Hab zwischen 2003 und heute ne Menge mit Apple-Aktien verdient, war schon ne geniale zeit.

    Gruss Frank

  4. 19. September 2007 um 10:34:29 | Roland Müller sagt:

    Danke für die Blumen, Freunde. Wir werden versuchen, abseits täglicher Newshektik Euren und unseren hohen Maßstäben gerecht zu werden 🙂

    Gönnt Euch einen heißen Kaffee!

    Und ja: der zweite Schokoladentest ist bereits in Arbeit und spätestens am Freitag online…

  5. 18. Oktober 2007 um 09:28:54 | blubb sagt:

    jetzt stehen sie bei 172$. manchmal ist die boerse halt irrational 😉

  6. 16. Januar 2010 um 08:40:04 | flyer sagt:

    Wenn man den Chart der letzten zwei Jahre der Aktie betrachtet dann wünscht man sich dass man so viel wie möglich investiert hat. Ein Wachstum von 200% Gewinn ist enorm. Was meint Ihr? Weiter drin bleiben oder lieber verkaufen?

  7. 15. Februar 2012 um 11:20:08 | Ralf sagt:

    Tja, die Aktie hat die 500 durchstoßen, neues Kursziel 600 😉

  8. 10. September 2012 um 19:55:37 | Daniel sagt:

    jetzt auf 650 :):):):):):):):):):):):):):)