Frankfurt ist die Messemetropole der Republik. Und auch dieses Jahr geht es wieder früh los. Wir besuchen die Paperworld 2017 in der Mainmetropole. Wie alle Jahre wieder wollen wir auf der Fachmesse für Papier, Büro und Schreibwaren ganz gezielt Ausschau halten nach Utensilien fürs analoge Schreiben – Füllfederhalter, tintentaugliche Papiere und was uns sonst noch zu inspirieren vermag, einen analogen Kontrapunkt zur digitalen Arbeitswelt zu setzen…
Auch die Paperworld beginnt wie jede Messe in Frankfurt mit einem endlosen Anmarschweg treppauf, treppab. Auch und gerade dann, wenn man wie wir vom Presseparkplatz hinter Halle 8 startet. Immerhin: Der Betrieb hält sich an diesem frühen Nachmittag noch in Grenzen.
Wir konzentrieren uns vorerst auf Halle 6, wo insbesondere die Anbieter von Füllfederhaltern zu finden sind. Aber auch Firmen wie Werkhaus, deren stetig wachsendes Portfolio von Büro- und Schreibtischzubehör aus bedrucktem Karton uns gleich hinterm Eingang empfängt. Besonders gelungen die neue Classique genannte Serie von französischen Automobilklassikern zum Zusammenstecken und Aufbewahren von Schreibgerät. Nostalgisch, sehr originell und nicht nur für 2CV Fans ein Muss. Unser Favorit: der Citroen HY!
Gleich dahinter und mithin zentral im Blickfeld der herein strömenden Fachbesucher der Stand von Hugo Boss. Weder der erste noch der letzte Modehersteller, der sich nun auch an Schreibgeräten als „Accessoires“ versucht versucht. Allerdings war nicht herauszufinden, wer diese produziert. Die Federn der Füllfederhalter scheinen einmal mehr von Bock zu stammen. Die Optik auf der repräsentativen Seite, wie zu erwarten war. Irgendwo von Faber-Castell und Montblanc inspiriert, aber von Material wie Preisgestaltung eher im mittleren Segment angesiedelt. Nichts, was sich derzeit für einen Test im digitalen Café zu ordern lohnte.
Interessant, auffällig und erstmals auf der Paperworld vertreten zeigt sich der Luxusschreibgerätehersteller Laban, der hier seine neue Füllerlinie in Urushi-Lack ins Zentrum stellt. Mehr dazu auf der Facebook-Seite. Verwöhnt von Platinum Izumo, den legendären Nakayas oder vergleichbaren Produkten aus Japan sollte sich hier ein näherer Blick durchaus lohnen. Denn sowohl von der Haptik wie der kunstvollen Ausführung darf eine Urushi-Lackoberfläche als Nonplusultra bei Schreibgeräten gelten.
Was für einen fantastischen Kontrast zu diesen sehr traditionellen Schreibgeräten finden wir da einen Gang weiter? Richtig. Die Napkin Serie von Pininfarina. Schreiben auf Papier ohne Mine, Tinte oder sonst irgendein herkömmliches Verbrauchsmaterial. Technisch gesehen feiert hier eine alte Technik von Leonardo da Vinci Wiederauferstehung: das Schreiben mit einer Silbermine, die erst bei Berührung des Papiers für einen Korrosionseffekt sorgt, der ausschaut wie von einer weichen Bleistiftmine erstellt, aber nicht wegradierbar ist. Die grafischen Schreibgeräte in feinstem italienischen Design gibt es nicht nur im Pininfarina Online-Shop, sondern hierzulande unter anderem auch bei Papier & Stift.
Wir schlendern weiter, vorbei an allerlei Gimmicks für den Schreibtisch wie diese herrlich nostalgischen Uhren…
…freuen uns darüber, dass von den heimischen Manufakturen auch Cleo Skribent wieder den Weg nach Frankfurt gefunden hat, werfen einen kurzen Blick auf deren Flaggschiff, den Füller Cleo Amboina Maser aus Amboina-Holz und wenden uns dann Caran d’Ache zu.
Der im Premiumsegment angesiedelte Schweizer Schreibgerätehersteller schielt mit seinem limitierten, 2.800 Euro teuren Sondermodell zum chinesischen Jahr des Hahns auf eine zahlungskräftige asiatische Kundschaft. Wie zu erwarten, sind Material und Verarbeitung makellos. Und auch die Auflage von 888 Stücke stellt eine Verbeugung vor chinesischen Traditionen dar, ist dies doch die ultimative Glückszahl im Reich der Mitte.
Welch schönen Kontrast hierzu bildet doch einer unserer Lieblingshersteller, Kaweco. Das deutsche Familienunternehmen in mittlerweile dritter Generation schafft es, mit so originellen wie bezahlbaren Schreibgeräten in einem sehr bodenständigen Preissegment – größtenteils unterhalb der 100-Euro-Schwelle – weltweit erfolgreich zu sein. Fast könnte man sagen, Kaweco Füller sind Kult!
Mit dem Kaweco Steel Sport aus rostfreiem Edelstahl führt Kaweco die beliebte Reihe seiner klassischen Metallfüller logisch fort. Nach Messing, Kupfer, Aluminium etc. nun also Edelstahl. Sieht gut aus, ganz wie erwartet. Bei allerdings etwas höherem Gewicht als die Variante aus Rohaluminium, die wir als Immerdabei-Füller mit uns führen.
Wie schon im vergangenen Jahr zieren auch diesmal wieder zwei Stanzen den Kaweco-Stand, mit denen interessierte Besucher sich ihren individuellen Kaweco-Schreiber ganz individuell selbst zusammenbauen können. Ein Angebot, das insbesondere…
…junge Chinesen zu begeistern scheint. Wir lassen uns von Herrn Gutberlet nach einem kurzen Gespräch zum sehr positiven Geschäftsverlauf mit dem neuen Katalog bemustern und ziehen weiter.
Füllertaugliche Papiere, Notizblocks und Kladden sind diesmal ebenso selten anzutreffen wie bereits in den Vorjahren. Auch beim Platzhirschen Moleskine geht es diesbezüglich kaum voran. Das verwendete Papier lässt nach wie vor etwas flussfreundlichere Tinten deutlich ausfasern und „blühen“. Unschön! Dafür läuft die Moleskine-Vermarktungsmaschine gewohnt professionell. Mit den Limited Edition Notebooks im Minions-Design wird man vermutlich bei jüngeren Verwendern wieder offene Türen einrennen.
Eine der ganz wenigen erfreulichen Ausnahmen in Sachen füllertaugliche Kladden und Notizbücher kommt ausgerechnet aus Europas Sorgenkind Griechenland. Die patentierten FlexBooks von The Writing Fields in Athen bieten für vergleichsweise schmales Geld genau das, was wir immer suchen: Sauber durchdachte, dank Flexbook-Bindung plan aufklappbare Notizbücher unterschiedlichster Formate mit angenehm tintenfreundlichem italienischem Fabriano-Papier. Übrigens schon 2013 bei dieser Besprechung der Kollegen vom Notizbuchblog ein Geheimtipp (und nein, riechen tut da nichts mehr)…
Selbst unser Härtetest mit einer scharf geschliffenen Italicfeder verläuft sehr zufriedenstellend. Kein Durchschlagen des 80-Gramm-Papiers und keinerlei Auslaufen, dabei schnell trocknend. Mit normalen F-, M- oder B-Federn erst recht perfekt zu nutzen. Großes Dankeschön an Stephan C. Lucht von Tinte im Blut, der sich um den hiesigen Vertrieb kümmert!
Tja, viel mehr gibt’s eigentlich von der Paperworld 2017 nicht zu berichten. Zumindest nicht aus dem eher engen Anwendungsfeld, das uns als überzeugte Füller und Tinte Afficionados hier im digitalen Café interessiert. Auch wenn uns Gimmicks wie die neuen Katzen-Schlüsselanhänger von Troika schon zum Schmunzeln bringen, ersparen wir uns weitere Abschweifungen,…
werfen beim langen Weg zurück zu unserem Parkplatz noch einen Blick über die Schulter eines Karikaturisten und freuen uns schlussendlich darüber, unseren Leserinnen und Lesern zumindest einen kurzen Eindruck gegeben zu haben, was uns auf der diesjährigen Paperworld für Füllerfans erwähnenswert schien.
Damit machen wir Schluss für heute und diesmal und werden uns in den kommenden Beiträgen ein wenig mehr aufs politische Weltgeschehen konzentrieren. Was durchaus untypisch für uns ist, aber gleichwohl notwendig. CU!
Tags: Caran d'Ache, Flexbook, Füller, Füllfederhalter, Kaweco, Laban Urushi, Moleskine, Paperworld 2017, Schreibkultur, The Writing Fields
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