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Nur mal angenommen…

Veröffentlicht in Apple & Co, Technologie | 17. Februar 2008 | 21:37:05 | Roland Müller

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Bereits seit Ende Januar kursieren Gerüchte, dass IBM sich mit dem Gedanken trägt, den Chiphersteller AMD zu übernehmen. Und dessen (seit 2006) Grafikchiptochter ATI natürlich gleich mit. Zugegeben, nach den Verlusten des Geschäftsjahres 2007 dürfte AMD so preiswert wie nie zuvor zu kaufen sein. Aber spinnen wir das mal weiter: Was würde ein solcher Merger bedeuten – für den Markt, für Intel, für Apple? Beziehungsweise: Hätte dies überhaupt irgendwelche Auswirkungen? Wir haben dazu bei einer gepflegten Tasse Kaffee aus der Redaktions-Jura ein paar Gedanken angestellt…

Betrachten wir mal die Größenverhältnisse. Auf der einen Seite eine neu erstarkte, entschlackte IBM mit gut gefüllter Kriegskasse und einem Börsenwert von gut 150 Mrd. US$. Nach dem Verkauf der Laptop-Sparte an Lenovo gesünder denn je. Auf der anderen Seite AMD/ATI, von einst 23 auf derzeit gerade noch knapp 4 Mrd. US$ Börsenwert abgerutscht und aufgrund anhaltender Marktfehleinschätzungen wie dem Ignorieren des Workstation-Segments und mangelhafter Backward-Kompatibilität durch inflationäre Socket-Wechsel reichlich angeschlagen. Allerdings immer noch eine Nummer zu groß, um beispielsweise von Nvidia geschluckt zu werden. Was zudem ein Treppenwitz der Geschichte wäre, hatte doch vor Jahren AMD selbst Nvidia Übernahmeavancen gemacht, bevor man dann doch ATI übernahm.

Was hätte IBM von einer AMD-Übernahme? Nun, kurz vor dem bevorstehenden Einstieg der Chipindustrie in die Nanotechnologie würde man einerseits einen Schlüsselbereich der Computerindustrie besetzen. Andererseits die absolute Lufthoheit im Spielkonsolenmarkt erringen und natürlich Zugang zum Markt der Consumer Electronics erhalten. Dazu die geballte CPU- und GPU-produktionstechnische Macht, die eine massive Herausforderung für Intel darstellen würde. Immerhin hatten IBM und AMD bereits 2003 im Fertigungsbereich miteinander kooperiert und tun dies bis heute. Was allerdings einem Merger entgegensteht, ist IBMs klare strategische Ausrichtung auf Software und IT-Dienstleistungen. Gerade erst haben die IBMler für 5 Mrd. US$ mit Cognos eines der führenden Business-Softwarehäuser geschluckt. Kein Wunder also, dass die ersten Analysten bereits wieder zurückrudern.

Die gesamte Computerbranche könnte nur davon profitieren, wenn der Chipgigant Intel in seiner mittlerweile marktbeherrschenden Stellung von einem ernsthaften und finanziell vergleichbar potenten Konkurrenten Druck bekäme. Etwas, wozu AMD aus eigener Kraft nicht in der Lage zu sein scheint, mit IBM-Know-how und -Kapital hingegen schon. Der Markt würde zweifellos profitieren. Allein schon dadurch, dass Intel keine Zeit hätte, sich auf seinen Core-Lorbeeren ausruhen. Und was würde das für Apple bedeuten? Nun, in Cupertino könnte man sich zurücklehnen und in aller Ruhe zuschauen, wie die Einkaufspreise sinken und die CPU-Leistungen steigen. Konkurrenz belebt nun mal das Geschäft. Nichtdestotrotz – der Kaffee geht zu Ende und wir lesen es aus dem nun sichtbaren Kaffeesatz – sehen wir der harten Realität ins Auge: IBM wird AMD nicht kaufen und sich damit in ein erneutes PC-Abenteuer stürzen. Zu präsent sind noch die Erfahrungen von 1992, wo man nur mit Mühe dem Konkursverfahren entgangen war. Eine solche Erfahrung muss für einen Global Player wie Big Blue so traumatisch gewesen sein, dass es schon mehr braucht, um vom aktuellen und ja durchaus erfolgreichen Kurs abzuweichen als die leichte Beute AMD…

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2 Antworten zu “Nur mal angenommen…”

  1. 19. Februar 2008 um 22:23:39 | claude sagt:

    OHHH SCH…

    Beim Lesen Deines Artikels merke ich… daß ich durch meinen iMAC zum ersten mal einen echten Intel. Rechner selbst freiwillig gekauft habe. Wie konnte das passieren?
    Nach dem ich auf dem AMIGA 4000 meines Freundes in der Oberstufe das INTEL-Outside Logo sah, tat ich mich immer schwer mit dem Kauf des Intel. Am Anfang meines Studiums habe ich ein Almosen meiner Eltern bekommen. 486 dx 66. Peinlich. Oder … hatte ich mal einen Pentium II , nein das waren bestimmt auch meine Eltern. Meine letzten PCs (tragbar oder unerträglich) hatten alle AMD Prozessoren. Und die waren da noch alle besser und schneller. Man hatte zwar kein Geld für Apple, konnte sich aber ein wenig alternativ geben.

    Und jetzt auch noch DOPPELKERN INTEL. Auch nach 2 Jahren sehr merkwürdig.
    Es schüttelt mich richtig.

    (Leider ist meine xp-version uralt, und läuft nicht auf dem mac, aber das ein oder andere spiel würde ich doch gerne mal mit der neuen Hardware sehen. Ich vermisse halflife)

  2. 20. Februar 2008 um 08:00:28 | Thyl Engelhardt sagt:

    Ein solcher Kauf ließe einen natürlich auch gleich wieder grübeln über die strategische Entwicklung des POWER Prozessors. So langsam verabschiedet sich ja eine nach dem anderen von den Prozessorplattformen. Der 74xx ist de facto entschlafen (nicht mal eine Taktsteigerung seit Erscheinen des 7448), Sun verbaut munter erst Opterons und jetzt auch noch Xeons, TheRock ist wohl doch zu speziell; Cray ist komplett auf Opterons, der Itanium (der nur als Architekturenkiller erfolgreich war) ist irgendwie auch im Wartungsmodus gelandet und wir nähern uns im Hochleistungsbereich munter einer Monokultur. Gähn.