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Schokolade

SWR spart Scheck ein

Veröffentlicht in Gesellschaft, Kultur, Literatur, Medien | 30. Juni 2024 | 10:23:57 | Roland Müller

Ist das die neue Cancel-Culture bei den öffentlich-rechtlichen Sendern der ARD? So könnte man ein wenig provokant und ganz sicher überspitzt fragen, nachdem der SWR im Rahmen seiner rigiden Sparmaßnahmen ab 2025 die beiden Literatursendungen Lesenswert und Lesenswert Quartett aus dem Kulturprogramm löscht.

Insbesondere letztere empfanden wir hier im digitalen Café immer als eine perfekte Ergänzung zum bekannteren Literarischen Quartett des ZDF. Insa Wilke, Ijoma Mangold, Moderator Denis Scheck und ein wechselnder Gast sprachen differenziert und sehr unterhaltsam über aktuelle Literatur. Ein Thema, das ansonsten in den Programmen eher stiefmütterlich behandelt und in der Regel ins Spätprogramm verbannt wird.

Verblüffend ist hierbei die Argumentation des SWR (O-Ton), wonach es neben den Sparmaßnahmen darum gehe, „mehr Generationengerechtigkeit durch neue Angebote für digitalaffine Zielgruppen“ herzustellen. Äh, ja? Irgendwie scheint es den Programmverantwortlichen noch nicht gedämmert zu haben, dass das Medium TV per se nicht das geeignete ist, um digitalaffine Zielgruppen zu erreichen. Die erreicht man über Instagram (Bookstagram) und über TikTok (BookTok). Wir wagen zu bezweifeln, dass ein geplantes Mediathek-Format wie Helene Hegemanns Longreads da die gewünschte Alternative sein wird. Es braucht kein Ersetzen, es braucht ein Mehr an Literatursendungen. Wie war das noch mal mit dem Bildungsauftrag der öffentllich-rechtlichen Anstalten? Ein wenig wirkt das alles wie ein kopfloses Herumexperimentieren, getrieben von der demographisch begründeten Panik, die jungen Zielgruppen zu verlieren. Die, die man längst verloren hat. So jedoch verliert man möglicherweise auch die gesetzteren Zielgruppen, zumindest jene, die literarisch interessiert sind und sich nicht von den 20Uhr15-Schunkel-Shows anziehen lassen. Und ja, diese Menschen gibt es tatsächlich!

(Copyright-Hinweis: Obiges Bild basiert auf einem Foto von Andreas Hornoff und wurde digital verfremdet)

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