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Schokolade

Ein illusionsloser Blick auf die transatlantische Freundschaft

Veröffentlicht in Gesellschaft, Internet, Medien, Politik | 15. Mai 2018 | 13:41:50 | Roland Müller

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Zwar liegt die hier beschriebene und besuchte Veranstaltung schon ein paar Tage zurück, gleichwohl erscheint sie mir aktueller denn je. Wovon ist die Rede? Thomas Kremer, dem vor zwei Jahren als Präsident des Wirtschaftsclub Rhein-Main e.V dessen erfolgreicher Neustart gelang, hatte für den 24. April, ab 18 Uhr 30 in Frankfurts PwC Tower eingeladen. Vor 140 Gästen referierte Friedrich Merz, bestens vernetzter Vorsitzender Atlantik Brücke e.V., zum Thema ‚Deutschland und die USA – eine Partnerschaft vor neuen Herausforderungen‘

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Friedrich Merz, bereits vor vielen, vielen Jahren unserer Immernochkanzlerin als zu intelligent, kritik- und widerspruchsfreudig aufgefallen und deshalb mehr oder weniger (eher weniger) elegant aus den politisch einflussreichen CDU-Kreisen hinausgedrängt, darf man sicher zu jenen wenigen Köpfe hierzulande zählen, die auch heute den Diskurs nicht scheuen und fundiert zu differenzieren verstehen. Diese wohltuend entschlackte Darstellung zu einem mehr als ambivalenten Zeitthema wusste Merz auch an diesem Abend auszuspielen.

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Weshalb er gleich eingangs seines Vortrags mit der ihm eigenen Verve darauf hinwies, dass es wichtig sei, zwischen den zugegebenermaßen mehr als gewöhnungsbedürftigen Verhaltensmustern des amtierenden US-Präsidenten und den Forderungen der US-Regierung zu unterscheiden. Denn etliche von diesen, weißgott nicht alle, sind durchaus gut begründbar. Insbesondere hob Merz auf die aktuellen Zollregelungen zwischen USA und EU ab, die in vielen Bereichen tatsächlich zuungunsten unseres transatlantischen Wirtschaftspartners gehen. Insofern, so Merz weiter, lässt sich einige europäische und insbesondere deutsche Heuchelei entlarven, wenn man sich auf die schlichten Zahlen im transatlantischen Wirtschaftsverkehr konzentriert. Insbesondere der massive Außenhandelsüberschuss Deutschlands ist ja durchaus zu einer Belastung Europas geworden und sorgt zunehmend für Missmut auch jenseits des Atlantiks. Ob das gescheiterte TTIP Abkommen nun unbedingt der wirtschaftlichen Weisheit letzter Schluss gewesen wäre, vermag ich nicht zu sagen – Merz ist durchaus dieser Meinung – aber zumindest wäre jede vertragliche Regelung besser als keine.

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Den weitaus größten Raum in Merz‘ Darlegungen jedoch nahm die grundsätzliche Bewertung der traditionsreichen politischen Partnerschaft zwischen Deutschland und den USA ein. Indem er diese strikt vom unappetitlichen Trump’schen Gebahren trennte und ganz sachlich auf die Fakten reduzierte, vermochte er überzeugend herauszuarbeiten, dass auch und gerade heute, in einer für viele Beobachter erschreckend unkalkulierbar gewordenen Welt, die transatlantische Brücke zwischen Berlin und Washington wichtiger denn je ist. Ihre mutwillige Erosion hätte fatale Folgen nicht nur für Deutschland, sondern für die gesamte EU. Aus der Erinnerung an besagten Abend vermag ich nicht zu sagen, ob das Wort von der „Wertegemeinschaft“ gefallen war. Die gemeinsamen Werte sind längst im Schwinden begriffen und wie wenig weit sie in der Realität tragen, wenn es hart auf hart kommt, haben wir ja schon mehrfach erleben dürfen. Ich teile aber uneingeschränkt Merz‘ Überzeugung, dass die USA – nicht ihr Präsident und vielleicht auch nicht ihre derzeitige Regierung – dass aber die USA mit ihrer vorbildlichen Verfassung und einer über Jahrhunderte gewachsenen demokratischen und rechtsstaatlichen Tradition unser bevorzugter Partner bleiben müssen. Es gibt keine wirkliche Alternative. Nicht für Deutschland und nicht für Europa. Allerdings: Verbiegen sollten wir uns deswegen noch lange nicht. Ein wirklicher Partner wertschätzt auch divergierende Meinungen und setzt sich mit ihnen durchaus kritisch auseinander. Und nun ja, nicht von ungefähr ist in der US-Verfassung die maximale Amtsdauer des Präsidenten auf zweimal vier Jahre festgelegt 😉

(Copyright Fotos Roland Müller)

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