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Zu Gast in Tilos Hotterie

Veröffentlicht in Genuss | 20. September 2014 | 16:43:05 | Roland Müller

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„Currywurst und Pommes“ – mein Gott, wie das klingt. Unwillkürlich assoziieren wir triefendes Fett, den Geruch von altem Frittieröl, undefinierbare Soßen aus Kanistern und ein Übermaß an Mayonnaise und Ketchup. Igitt. Und doch… Unbestritten sind Currywurst und Pommes Frites eine kulturelle Erungenschaft Mitteleuropas. Und längst existieren auch hierzulande Imbiss-Stände, die beides in anspruchsvoller Qualität anzubieten wissen. Allerdings eher in Hamburg oder Berlin – beides Städte, die sich brüsten, die Currywurst erfunden zu haben. Doch in Frankfurt? Nun, ausgerechnet in Frankfurt haben wir etwas gefunden, was sich „Tilos Hotterie“ nennt und seit gerade mal einem Monat von einem Inhaber betrieben wird, der sich ganz im Sinne des Zen der nie endenden Suche nach der perfekten Fritte verschrieben hat. Tilo Schaller ist sein Name, und ihn haben wir unlängst besucht, um uns selbst ein kulinarisches Bild zu machen.

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Tilos Hotterie ist leicht zu finden. Mitten auf dem Oeder Weg im Zentrum Frankfurts, Hausnummer 39, unweit der Gaststätte von Eintracht Frankfurt und damit in einer Urfrankfurter Nachbarschaft. Tilos Hotterie, das fällt schon beim Näherkommen auf, ist weiß und neu und blitzeblank. Womit wir uns bereits vom ersten Klischee, dem der Imbussbude, verabschieden müssen. Aber es handelt sich ja auch nicht um einen muffigen Schnellimbiss, sondern um – eben! – eine Hotterie! Und das assoziiert neben „heiß“ auch „scharf“. Unsere Neugierde ist geweckt…

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Die handgeschrieben Tafel mit den Spezialitäten von Tilos Hotterie ist überschaubar und lässt uns bereits ahnen, dass die Ansprüche des Inhabers über herkömmliches Fast Food erheblich hinausgehen.

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Wir treten durch die Seitentür ein und lassen den Blick schweifen…

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Donnerwetter, das schaut wirklich tadellos aus, es riecht frisch, angenehm und lecker…

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Die Utensilien, die zum Betrieb einer Hotterie nötig sind, sonnen sich im Schein ihrer Rostfreiheit.

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Und an drei sehr massiven und standfesten Bistrotischen kann man es sich sogar zum Essen gemütlich machen. Wir werfen einen schnellen Blick auf die Speisekarte…

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…und bestellen uns eine Portion handgemachter Fritten sowie eine Rhöner Kalbsbratwurst mit hausgemachter scharfer Currysauce. Und natürlich verwickeln wir Tilo Schaller, derweil wir warten, in ein Gespräch.

Und schnell stellt sich heraus, dass wir’s hier im besten Sinne mit einem Verrückten zu tun haben! Tilo erzählt uns, dass er seit vielen Jahren bereits den Traum mit sich herumtrug, ein Imbissgeschäft zu starten mit echtem kulinarischem Anspruch. Perfektionist, der er ist, hat er landauf, landab bei Landwirten und Lieferanten recherchiert, wer die mit Abstand feinste Bratwurst herstellt, wer perfekte Tofu- und Saitan-Varianten davon für Vegetarier und Veganer anbietet und vor allem, welche Kartoffel wann im Jahr die perfekte Fritte ergibt. Wir verstehen, dass hierbei die Jahreszeit, der Boden, die Kartoffelsorte eine Rolle spielt. Wir lernen, dass der Stärkeanteil und der Wassergehalt unmittelbaren Einfluss auf die Frittierfähigkeit haben. Wir verstehen, dass nur das absolut beste und teuerste Frittierfett gut genug ist für die Hotterie. Und wir horchen auf, als Tilo schmunzelnd von seinen zahllosen Rückschlägen erzählt auf der nie endenden Suche nach dem idealen Rohstoff. Dass er in Sachen Wurst in der Rhön fündig geworden ist, wundert uns weniger. Ist diese Region doch auch von der Topgastronomie sehr geschätzt. Und während wir durch Fragen schlauer werden und unser Imbiss-Weltbild kräftig durcheinandergeschüttelt wird, sind unsere Fritten fertig, die Tilo keine Sekunde aus den Augen gelassen und permanent im frischen Frittierfett gerüttelt und bewegt hatte…

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Wow! Wir kosten mit gebührendem Respekt die erste Fritte und sehen spontan davon ab, Ketchup hinzu zu ordern. Nein! Das sind tatsächlich und ganz ohne Zweifel die besten, aromatischsten, krossesten Fritten, die wir je irgendwo gekostet haben. Außen knusprig, mit trockener, fettfreier Oberfläche, innen dampfend, duftig, zart. Mit jener ausgeprägten Nussigkeit, die nur eine wirklich erstklassige Speisekartoffel erbringt. Einfach ein Genuss.

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Und dann die mittelgrobe Kalbsbratwurst aus der Rhön. Nur kurz auf dem Rost gegart, unerhört saftig, deftig, fleischig, kein Fett, purer Geschmack, den die delikate hausgemachte scharfe Currysauce nicht zu überdecken vermag, es auch gar nicht beabsichtigt. Auch das ein Gedicht! Nicht gerade unerfahren im Besuch von Schnellimbissen landauf landab müssen wir gestehen: Tilos Hotterie schlägt so ziemlich alles, was uns bisher in dieser Kategorie untergekommen ist. Inklusive Raimund Ostendorps „Profi-Grill“ in Wattenscheid, Edelcurry in Hamburg und Konnopke in Berlin. Ab sofort spielt Frankfurt in der ersten Bundesliga bei Fritten und Currywurst! Was übrigens bereits ersten medialen Nachhall fand im Frankfurter Genussmagazin.

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Bleibt abschließend nur unser sehr ernst gemeinter Aufruf an allen Currywurst und Fritten Afficionados im Rhein-Main-Gebiet und darüber hinaus: Merkt Euch Tilos Hotterie und notiert Euch Frankfurts neue erste Adresse für Lamm-, Rinds-, Kalbs- und Veggie-Brat- und Currywurst, unglaublich leckere Fritten und ab dem Winter aller Voraussicht auch ebenso anspruchsvolle hausgemachte Eintöpfe: Tilos Hotterie, Nordend, Oederweg 39, Frankfurt am Main, geöffnet Mo.-Fr. von 11 Uhr 30 bis 21 Uhr. Vielleicht sehen wir uns dort ja. Wir sind mittlerweile nämlich Stammkunden 😉

 

 

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Eine Antwort zu “Zu Gast in Tilos Hotterie”

  1. 08. Januar 2015 um 21:50:47 | Markus sagt:

    War dort auch sehr gerne, kann diese Kritik nur unterschreiben.
    Leider gibt es Thilo mittlerweile dort nicht mehr. Es hing eine Weile ein Schild dran, wegen familiären Gründen glaub ich.
    Mehr weiß ich nicht, hätte sehr gern erfahren warum er schon wieder weg ist, war ja leider nur so kurz.

    Markus