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Schokolade

Nur Bares ist Wahres

Veröffentlicht in Gesellschaft, Internet, Medien, Mobilität, Technologie | 26. März 2010 | 11:18:44 | Dirk Kirchberg

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John Chow verdient im Internet Geld damit, dass er anderen Menschen erzählt, wie er im Internet Geld verdient. Sein Blog, das er Ende 2006 aus der Taufe hob, soll dem selbst ernannten Dot-Com-Mogul aus Vancouver rund 40.000 Dollar in die Kasse spülen – monatlich.

Chow machte sich die Rankingmechanismen von Suchmaschinen wie Google geschickt zunutze und schrieb innerhalb von neun Monaten Blogeinträge mit mehr als 1000 Links. Dafür wurde er von Google verwarnt und sogar zeitweise gesperrt. Doch der Kanadier hat längst ein neues Geschäftsmodell entdeckt: Er verkauft neuerdings Tweets, also Kurznachrichten, die er seinen 50.000 Followern über das soziale Netzwerk Twitter schickt.

Chow berichtete der „New York Times“ (NYT), dass er auf diese Art rund 3000 Dollar im Monat verdient. Er empfiehlt Süßigkeiten oder Fast Food und verschickt Links, die seine Leser fleißig klicken.

Weit mehr als Chow verdienen der Musiker Ernie Halter und das Starlet Kim Kardashian. Halter folgen rund 500.000, der nicht besonders begabten Schauspielerin gar mehr als drei Millionen Nutzer auf Twitter. Und beide verdienen bis zu 10.000 Dollar – pro Tweet wohlgemerkt. Während Kardashian ihre Leser nicht darüber aufklärt, bei welchen Botschaften es sich um Werbung handelt – Experten vermuten, dass sie einen Vertrag mit dem Sportschuhhersteller Reebok unterhält –, macht Halter daraus kein Geheimnis: „Yo! Cheese Doodles verlost tolle Preise im Rock the Cheese-Videowettbewerb. Schaut’s Euch an!“

Das weltweit größte soziale Netzwerk Facebook erlaubt keine gesponserten Nachrichten in den Statusanzeigen der Nutzer. „Für uns verletzt das die Authentizität der Seite“, sagte Facebook-Sprecher Brandon McCormick der NYT. Deutschlands Bloggerszene kann von solchen Einkommen für ihr digitales Schaffen nur träumen. Der Berliner Blogger und Buchautor Sascha Lobo, der seine rote Irokesenfrisur den Werbeprofis von Vodafone zur Verfügung stellte, versuchte nun seinerseits, während der CeBIT 2010 herauszufinden, wie viel seine Tweets wert sind. Ihm folgen im Vergleich zu Chow, Halter und Kardashian zwar vergleichsweise wenige Follower – derzeit sind es etwas mehr als 33.000 –, dennoch wollte Lobo seiner Leserschaft kostenlos mehr Reichweite verschaffen.

Lobo, der für die Deutsche Messe AG das CeBIT-Format Webciety mit entwickelte, verschickte pro Messetag drei Werbetweets über sein Konto. „Die Twittercommunity soll von meinem Account aus twittern können – und zwar weil mein Account die meisten aktiven, deutschsprachigen Follower hat“, begründete er die Aktion „Social Tweets“. Der Blogger Sachar Kriwoj wurde von Sascha Lobo als besonders fähiger Social-Media-Nutzer angepriesen. Was daraufhin passierte, beschrieb Kriwoj in seinem Blog: „Innerhalb weniger Minuten hatte ich 50 Follower mehr. Innerhalb einer Stunde waren es 200. Insgesamt sind bis jetzt knapp 500 Follower neu hinzugekommen. Wegen eines einziges Tweets.“

Mittlerweile haben zahlreiche Firmen wie Twitpic und Twitvid mit Zusatzdiensten für Twitter-Nutzer lukrative Geschäftsmodelle etabliert. Auf diesen Webseiten können Nutzer Fotos und Videos hochladen und die mit Kurznachrichten versehenen Links ihrer Twitter-Gefolgschaft schicken. Im Gegensatz dazu ist auch vier Jahre nach der Gründung noch immer kein gewinnbringendes Geschäftsmodell bei Twitter in Sicht. Und das, obwohl das Unternehmen mit Sitz in San Francisco mittlerweile rund 60 Millionen Dollar von Risikokapitalgebern erhalten hat.

Interne Dokumente, die ein Hacker öffentlich machte (und der mittlerweile verhaftet wurde), prognostizieren 111 Millionen Dollar Gewinn bei einem Umsatz von anderthalb Milliarden Dollar und einer Milliarde Nutzer weltweit – das allerdings bis Ende 2013. Wie die Twitter-Macher diese Zahlen erreichen wollen, bleibt weiterhin ihr Geheimnis. Mitgründer Biz Stone dachte bereits öffentlich über kostenpflichtige Zusatzdienste für kommerzielle Nutzer nach. Auch die gesammelten Nutzerdaten als weitere Erlösquelle etwa Werbepartnern zugänglich zu machen, scheint denkbar, hat das größte soziale Netzwerk Facebook doch bereits eine ähnliche Richtung eingeschlagen.

Letztlich könnte sich auch die gute, alte Werbung in oder zwischen Tweets als vielversprechende Variante herausstellen.

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