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Der digitale Allesfresser (2)

Veröffentlicht in Fotografie | 13. Dezember 2007 | 13:14:11 | Roland Müller

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Analogue meets Digital. Obiges Foto wurde mit einem Makro-Elmarit-R an der Olympus E-330 aufgenommen. Aber nicht nur Leica-R-Objektive lassen sich an den Kameras des Four-Thirds-Standards adaptieren, auch die Zeiss-Objektive im Contax/Yashica-Anschluss, Minolta, Nikon, Pentax-K, Olympus OM, Konica, M42, … ja, mit dem passenden Adapter lässt sich so ziemlich alles an der Olympus E-330 (und den anderen Kameras des Four-Thirds Standards) anschließen, was einst im SLR-Kamerabau Rang und Namen hatte, abgesehen vielleicht von Canon. Müsste ich aus dieser Auswahl meine derzeitigen All-Time-Favorites benennen, dann wären dies:

Das 19mm/f2,8 Elmarit-R (Serie II mit ROM) von Leica, das 35mm/f2,8 PC-Nikkor Shiftobjektiv von Nikon, das 35mm/f1,8 Rokkor MC und das 58mm/f1,2 Rokkor MC von Minolta, das 60mm/f2,8 Elmarit-R Makro von Leica, das 85mm/f1,8 Hexanon AR von Konica und das 180mm/f3,4 APO-Elmarit-R von Leica. Jedes einzelne Objektiv zu seiner Zeit fast legendär gut in der Abbildungsleistung, im Kontrast, in der Schärfe und im Bokeh. Wobei letzteres eine Eigenschaft ist, die entweder nur Wenigen bekannt zu sein scheint, in ihrer Bedeutung unterschätzt oder sogar falsch verstanden wird. Als Bokeh bezeichnet man das Darstellungsverhalten des Objektivs in der Unschärfe, also beispielsweise im Hintergrund eines im Vordergrund scharfgestellten Porträtfotos.

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Eine Domäne beispielsweise des hoch lichtstarken 58mm-Rokkors, dessen softes, cremiges Bokeh Fotos etwas mitgibt, was die gerade mit einem weichen Rendern der Unschärfen überforderten „modernen“ und für digitale SLRs optimierten Optiken reichlich alt aussehen lässt mit ihren harten, sechseckigen Zerstreuungskreisen, die zudem ungleichmäßige Helligkeitsverteilung aufweisen. Grauselig! Insofern ist ein gutes Bokeh für mich mittlerweile ein wichtiges Selektionskriterium beim Kauf von Objektiven. Ein Tipp hierzu: Man sagt den Sonnaren von Carl Zeiss Jena außergewöhnlich feines Bokeh nach. Überhaupt sind die Glaswaren der ehemaligen DDR-Zeissige – mit M42-Schraubanschluss – eine dicke Empfehlung wert! Was sich leider bei Ebay langsam herumspricht. Zum Thema Bokeh finden sich übrigens bei Andreas Hurni aufschlussreiche Informationen.

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Noch weitgehend unbekannt hingegen ist die außerordentliche Qualität der Konica Hexanon AR Objektive. Konica, man vergisst das gerne, galt über viele Jahre hinweg als Japans führende Optikschmiede. Qualitativ vor Nikon, Canon, Minolta, Olympus etc. Insbesondere in der Güte der Beschichtung waren die Hexanone das Maß der Dinge. Und die Verarbeitung ließ ebenfalls nichts zu wünschen übrig. Spannenderweise sind die Geometrie des Bajonetts und das Auflagemaß der alten Hexanone praktisch identisch mit dem Bajonett der Four-Thirds-Kameras. was nicht mehr und nicht weniger bedeutet als dass sie ohne Adapter ansetzbar sind! Zuvor sollte man allerdings zwei Dinge tun: Einmal den Blendenmitnehmer entfernen, sprich: wegdremeln. Und zum anderen drei oder vier Filz-Pads aus dem Baumarkt zuschneiden und auf die Auflagefläche des Bajonettrings kleben (Filzunterkleber für Möbel passen dafür gut, die Dinger, die Parkettböden vor harten Stuhlbeinen schützen). Wer mag, kann sich dann noch die Mühe machen, mit einer Blende aus schwarzem Fotokarton die Rückseite des Objektivs auf das für Four-Thirds-Kameras passende Format zu reduzieren und so Streulichteinfluss zu minimieren. Eine Anleitung dazu findet sich bei Morten Øen oder aufwändiger hier. Eine alternative Methode beschreibt Robert Rohonczy hier. Eine Bewertung der wichtigsten Hexanone gibt Andreas Buhl auf seiner umfangreichen Konica-Website. Und wenn wir schon mal dabei sind: Als Experte für alte Minolta-Rokkore der MC- und MD-Baureihe gilt der Australier Anthony Hands, dessen Website „The Rokkor Files“ allemal eine Bookmark wert ist.

Wie welche Olympus Zuiko Objektive der Analogära an einer digitalen Olympus abschneiden, klärt erschöpfend John Foster auf seiner Cornucopia-Website. Und dass die feinen alten Pentax-K Objektive wie auch die SMC-Takumare der M42-Generation erste Wahl waren und sind, hat sich spätestens mit Aufkommen der digitalen Pentax-SLRs (leider) herumgesprochen und die Preise nach oben getrieben. Nichtdestotrotz: Stan Halpin gibt erschöpfend Auskunft darüber, was sich lohnt anzuschaffen und was nicht.

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Zu den Leica-R Objektiven muss ich wohl weiter nichts sagen. Allenfalls ein dezenter Hinweis auf eines der besten je gebauten kurzen Teleobjektive und dessen Leistungsfähigkeit sei mir erlaubt – das APO-Telyt-R 180mm/f3,4 – das derzeit für schlappe 500 EUR verramscht wird und in Gary Todoroffs Händen beweist, was es drauf hat.

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So, mit diesen Appetizern will ich es heute, in der zweiten Folge über den digitalen Allesfresser bewenden lassen. Im dritten und letzten Teil unserer kleinen Serie folgen Anwendungsbeispiele aus der Praxis. Eine Lobpreisung der Möglichkeiten, die das Shiftobjektiv PC-Nikkor 35mm/f2,8 an der Olympus liefert und natürlich Beispielfotos, die zeigen, wie man in digitalen Zeiten aus Altglas feine Fotos fabriziert. Insofern: stay tuned!

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